Lehre aus der Pandemie
Bundesrat will Pflichtlager für Ethanol

Der Bundesrat will nach der Mangel-Erfahrungen in der Corona-Pandemie, dass die Schweiz wieder ein Ethanol-Pflichtlager anlegt. Er hat am Freitag die entsprechende Verordnung in die Vernehmlassung geschickt.
Publiziert: 19.03.2021 um 12:09 Uhr
Ethanol wird zur Herstellung von Desinfektionsmitteln benötigt. (Symbolbild)
Foto: JEAN-CHRISTOPHE BOTT

Grundlage für den Aufbau soll das Landesversorgungsgesetz sein, teilte der Bundesrat mit. In Kraft gesetzt werden soll die neue Regelung auf Anfang 2022. Die Vernehmlassung dauert bis am 29. Juni 2021.

Mit dem Verkauf und der Privatisierung der Alcosuisse im Jahr 2018 war das Pflichtlager aufgelöst worden, was sich bei der Bewältigung der Pandemie aber als nachteilig erwiesen hat. Die Alcosuisse hatte bis 2018 einen Ethanolvorrat für rund drei Monate des inländischen Normalbedarfs gehalten.

Es habe sich gezeigt, dass die Verfügbarkeit von Ethanol wichtig sei, namentlich zur Herstellung von Desinfektionsmittel, hält der Bundesrat fest. Deshalb schlägt er den Aufbau von Pflichtlagern vor. Die Aufträge dazu stammen aus dem Parlament.

Laut dem Verordnungsentwurf müssen diejenigen Unternehmen Pflichtlager anlegen, die undenaturiertes oder denaturiertes Ethanol importieren, herstellen, verarbeiten oder zum ersten Mal im Inland verkaufen. Ausgenommen ist Ethanol, das als Treibstoff oder zur Herstellung von Treibstoffen verwendet wird. Gelten soll die Lagerpflicht erst, wenn pro Kalenderjahr mehr als eine Tonne dieser Waren verkauft werden.

In die Lagerpflicht einbinden will der Bundesrat alle Betroffenen. So bleibe der Wettbewerb unter den Marktteilnehmern gewährleistet. Das Ausmass der Pflichtlager soll vom Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) bestimmt werden. Den Umfang der Pflichtlager soll von der aktuelle Struktur des Ethanolmarktes in der Schweiz und dem bevorzugten Verwendungszweck abhängen.

Ende September 2016 hatte das Parlament einstimmig die Teilrevision des Alkoholgesetz gutgeheissen. Ziel war die Liberalisierung des Ethanolmarktes. Das Einfuhrmonopol lasse sich gesundheitspolitisch nicht mehr rechtfertigen, hiess es damals. Zudem schränke es die unternehmerische Freiheit unverhältnismässig ein. Das Gesetz war 1886 eingeführt worden, um dem grassierenden Missbrauch von hochprozentigem Alkohol zu begegnen.

Ende September 2018 verabschiedete der Bundesrat zwei Verordnungen, die die Aufhebung des Ethanol-Monopols des Bundes auf Anfang 2019 besiegelte. Die Alcosuisse AG, der frühere staatliche Alleinimporteur von Ethanol, wurde privatisiert und 2018 an Thommen-Furler in Rüti b. Büren BE verkauft.

Seit Januar 2019 ist der Markt liberalisiert und es ist grundsätzlich allen möglich, Industriealkohol zu importieren. Praktisch der gesamte in der Schweiz verbrauchte Industriealkohol wird aus dem Ausland eingeführt.

Nachdem die Corona-Krise Schwächen in der Versorgung aufgedeckt hatte, stimmte das Parlament Mitte September 2020 einem Verpflichtungskredit von 5,82 Millionen Franken für die Lagerhaltung von 6000 Tonnen Ethanol zu. Es wurde bemängelt, dass die privatisierte Firma in der ersten Pandemie-Welle nicht genug Ethanol habe liefern können.

Bei dem geplanten Sicherheitslager handelt es sich um eine Übergangslösung bis zur Wiedereinführung der Pflichtlager. Auch für weitere Produkte wie Atemschutzmasken, Schutzbekleidung und Schutzausrüstungen lässt das Parlament Pflichtlager prüfen.

Ende Februar 2021 melden Alcosuisse und die Schweizer Zucker AG, dass sie ein Verfahren entwickelt haben, mit dem der begehrte Alkohol aus Zuckerrüben hergestellt werden kann. Die Produktion soll im Spätherbst 2021 anlaufen und die Abhängigkeit der Schweiz zum Ausland vermindern.

(SDA)

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