Dürfen Bundesräte mehrere Staatsbürgerschaften haben? Bundesrat Cassis war während seiner Kandidatur anderer Meinung und gab seinen italienischen Pass ab.
Ein anderer Tessiner will jetzt noch einen Schritt weiter gehen. Der Lega-Nationalrat Lorenzo Quadri (42) hat diese Woche einen Vorstoss eingereicht, der verlangt, dass Mitglieder des Bundesrats, aber auch des Parlaments und sogar Diplomaten, nur noch eine Nationalität – nämlich die schweizerische – besitzen dürfen.
Quadri findet es unangebracht und inkohärent, wenn man im Bundeshaus politisiert und gleichzeitig einen zweiten Pass in der Tasche hat: «Das ist eine Besserstellung gegenüber Leuten, die nur den Schweizer Pass haben.» Ausserdem stelle sich auch die Frage nach der Loyalität, wenn man in solchen Gremien mehreren Nationen angehörig ist. Er nimmt Australien als Beispiel: «Dort ist es Politikern per Verfassung verboten, mehrere Nationalitäten zu haben. Mehrere Abgeordnete mussten aus diesem Grund schon ihren Sitz räumen.»
«Nichts als Schaumschlägerei»
Für den Zürcher SVP-Nationalrat Alfred Heer (55), selber italienisch-schweizerischer Doppelbürger, ist das reine Selbstprofilierung: «Solche Vorstösse sind nichts als Schaumschlägerei.» Bei Angehörigen aus totalitären Staaten könnte er es noch verstehen, meint Heer. «Doch zum Beispiel bei westlichen Staaten sehe ich überhaupt kein Problem.» Zu Quadris Vorbild meint er knapp: «Wir sind hier nicht in Australien.»
Auch Cédric Wermuth (31), Aargauer SP-Nationalrat und ebenfalls Italo-Schweizer, kann mit Quadris Vorstoss nichts anfangen: «Das ist doch Schwachsinn.» Damit würde laut Wermuth über eine Million erwachsener Menschen in der Schweiz von demokratischen Prozessen ausgeschlossen. Es sei nicht Quadris Aufgabe, dem Stimmvolk vorzuschreiben, wen es wählen darf und wen nicht.
«Die doppelte Staatsbürgerschaft wird vor allem von autoritären Staaten eingeschränkt, aktuell zum Beispiel von der Türkei», so Wermuth. Auch die Loyalitätsfrage stellt sich für ihn nicht: «Ich habe mein Gelübde auf die Schweizer Verfassung geleistet.»