Der Bund lässt das Kandertal im Stich, befürchtet der Frutiger Jürg Grossen (49). Der Parteipräsident der Grünliberalen und Berner Nationalrat sieht die Gefahr, dass der Bund auf die vollständige Räumung des vor 71 Jahren explodierten Munitionslagers Mitholz verzichtet.
3500 Tonnen Munition sollen die Mitholzer dort noch bedrohen. «Diese gelten nach wie vor als detonierfähig. Weil sich der Schutzmantel um das Explosivmaterial zunehmend zersetzt, steigt die Gefahr täglich», warnt der GLP-Chef.
Dennoch kann der Bundesrat derzeit den Anwohnern «nicht zusichern, dass das ehemalige Munitionslager komplett gefahrlos gemacht und entsorgt werden kann». Eine vollständige Räumung sei lediglich eine «Variante», schreibt er.
Grossen verlangt Klarheit
Nun verlangt der Mittepolitiker per Vorstoss vom Bundesrat, dass er die Karten auf den Tisch lege. Er solle öffentlich machen, ob er tatsächlich in Betracht ziehe, auf die Räumung zu verzichten und welche Szenarien für ihn denkbar wären. Und wie die Landesregierung über die Gefahr für Mensch und Umwelt denke.
Dabei bedrohen die gewaltigen Mengen Munition nicht nur die Menschen, die Munitionsreste könnten ins Grund- oder Trinkwasser einsickern und es vergiften.
Regierungsrat hält Information für «nicht zielführend»
Auch bei der Kantonsregierung Berns ist man alarmiert. Der zuständige Neo-Regierungsrat Philippe Müller (55, FDP) lässt jedoch ausrichten, er fände es «nicht zielführend», die verschiedenen Optionen in der Öffentlichkeit zu diskutieren.
Man lasse die Bevölkerung aber nicht derart alleine, wie die Aussage Müllers vermuten lasse, wird aus Berner Regierungskreisen versichert.
2020 – das dauert Grossen zu lange
Bis Mitte 2020 sollen die Varianten zur Beseitigung beziehungsweise Senkung des Risikos so weit abgeklärt sein, dass konkrete Entscheide getroffen werden können, schrieb der Bundesrat Mitte November. Das dauert dem Parteipräsidenten etwas gar lange.
«Es ist natürlich richtig, dass Fachleute eingehend prüfen, wie die Gefahr, die von Mitholz ausgeht, am besten gebannt werden kann. Die Frage kann aber nicht sein, ob das Explosionsgebiet vollständig geräumt werden muss, sondern bloss wie», so Grossen.
Notumfahrung muss aufgegleist sein
Für den Berner Oberländer muss deshalb auch die Planung der Notumfahrungsstrasse für die Sanierungszeit rasch an die Hand genommen werden – «denn die Räumung dürfte Monate, wenn nicht gar Jahre dauern», so Grossen. Um sie möglichst schnell in Angriff zu nehmen, müssten die Pläne für die Umfahrungsstrasse bald stehen.
Grossen stimmt jedoch mit den Stimmen des Kantons überein, die sich von der neuen VBS-Chefin Viola Amherd (56, CVP) Unterstützung erhoffen. Schliesslich müsse die Walliserin auf der Strasse von Brig nach Bern jeweils an der Gefahrenstelle vorbei.