«Stoppt den Klimawandel! Handelt jetzt!» Die Botschaft der Schüler, die in den vergangenen Wochen in zahlreichen Schweizer Städten gegen die Klimaerwärmung auf die Strasse gingen, ist unmissverständlich. Die Zeit drängt, um die Welt noch zu retten. Oder wie Greta Thunberg, die 16-jährige Klima-Aktivistin und Vorreiterin der weltweiten Klimastreiks, vergangene Woche in Davos den Mächtigen ins Gewissen redete: «Das Haus brennt.»
Allzu sehr von der tickenden Zeitbombe Klimawandel – oder eher: von der Uhr der BLICK-Reporterin – lassen sich die Jugendlichen dann aber doch nicht stressen. Ob man sich vielleicht etwas später treffen könnte, fragen Dominic (17) und Leah (18) zwei Stunden vor dem vereinbarten Termin am Flughafen Zürich. Ausgang am Vorabend, Chorprobe, anstehende Maturapräsentation: Es gibt schliesslich noch anderes als die Klimaerwärmung.
Die Klimaschüler meinen es ernst
Leah aus Adliswil ZH und Dominic aus Trogen AR gehören zu einer Gruppe von rund 20 Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die die Klimastreiks in der Schweiz organisieren und koordinieren. Auch wenn sie nicht mit der gleichen Verbissenheit für den Klimaschutz kämpfen mögen wie die Schwedin Greta: Ernst ist es den beiden Kantischülern durchaus.
Und mit ihrem Engagement sind sie nicht allein. Im Dezember als relativ spontaner Streik einiger Hundert Teilnehmer in Zürich gestartet, zogen Mitte Januar 22'000 Schüler und Studierende in 16 Schweizer Städten durch die Strassen. Heute findet der nächste Klimastreik statt – zum ersten Mal an einem Samstag, sonst waren sie immer am Freitag. Damit wolle man auch Lehrlinge mit ins Boot holen, erklären Leah und Dominic, vor sich eine Apfelschorle und ein Wasser, hinter sich das Rollfeld des Flughafens Zürich.
14.30 Uhr Istanbul, 14.35 Uhr Dubai, 14.40 Uhr Frankfurt. 309 Maschinen heben an diesem Tag in Kloten ab und stossen Tausende Tonnen CO2 aus. Es gibt kaum etwas, das das Klima so stark belastet wie das Fliegen. «Einfach nur traurig», findet Leah, die gerade ihre Matura-Arbeit zum Thema Plastik und alternative Verpackungsformen abgegeben hat und nächstes Jahr ein Geografie- und Geschichtsstudium beginnen will. Besonders Kurzstreckenflüge sind den Klimaschülern ein Dorn im Auge. «Ein Flug nach Rom für ein paar Dutzend Franken: Das ist jenseits!», ärgert sich Dominic.
Wegen Dominic heizen seine Eltern weniger
Die Forderung der Klimaschüler macht der Politik Beine: netto null Treibhausgas-Emissionen bis 2030. Das im Nationalrat gescheiterte CO2-Gesetz sieht bis anhin nur eine Halbierung vor. Um das ambitionierte Ziel zu erreichen, seien ökonomische Anreize wichtig, sagt Dominic, der sich überlegt, einmal Jus und Volkswirtschaftslehre zu studieren. «Es kann nicht sein, dass erneuerbare Energien teurer sind als fossile Brennstoffe.» Dafür brauche es ein griffiges CO2-Gesetz mit Lenkungsabgaben und Investitionsförderung. Dominic ist überzeugt: «Klimaschutz darf nicht länger nur freiwillig sein!» Leah nickt.
Die Teenager bemühen sich, als Vorbilder voranzugehen. Leah ernährt sich vegan und sträubt sich – zum Unverständnis von Familie und Freunden –, die Autoprüfung zu machen. Geflogen sei sie das letzte Mal vor zwei Jahren – mit schlechtem Gewissen. Auch Dominic hat nicht vor, den Führerschein zu machen. Und er versucht, weniger Fleisch zu essen. Seine Eltern hat er mit seinem Engagement nicht nur dazu gebracht, häufiger abstimmen zu gehen, sondern auch die Heizung zu drosseln. «Unser Haus wird jetzt nur noch aufs Nötigste geheizt.»
«Demonstrieren ist definitiv anstrengender als Schule!»
Die Kritik, ihr Protest sei scheinheilig, lassen die Klima-Streikenden nicht gelten. Und beim Vorwurf, doch einfach nur die Schule schwänzen zu wollen, können sie nur den Kopf schütteln. «Logisch ist es cool zu streiken», meint Leah. Aber sie engagiere sich auch in der Schule, indem sie beispielsweise eine Podiumsdiskussion zum Thema Klimaschutz organisiere. Zudem sind beide in Jugendparlamenten aktiv, in denen Jugendliche die Möglichkeit haben, sich politisch einzubringen. Dominic findet den Vorwurf lächerlich. Wolle man schwänzen, stelle man sich einfach krank. «Demonstrieren aber ist definitiv anstrengender, als in die Schule zu gehen!»
Den Protest auf der Strasse sehen Leah und Dominic als eine der wenigen Möglichkeiten von Jugendlichen, sich politisch Gehör zu verschaffen. Ihrer Generation eine Stimme zu geben, sei zentral. Denn die Erwachsenen wüssten zwar, dass etwas getan werden müsse. Wirklich etwas in Bewegung setzten sie aber nicht. «Für uns geht es um unsere Zukunft. Wir werden die Klimaerwärmung noch viel härter zu spüren bekommen als unsere Eltern oder Grosseltern», sagt Dominic.
Die Forderung der Klimastreikenden, dass die Schweiz bis 2030 klimaneutral wird, findet er deshalb nicht extrem, sondern eine logische Konsequenz. «Ich glaube fest daran, dass wir das schaffen können!» Auch wenn man nach einer langen Nacht im Ausgang mal etwas länger im Bett bleibt.
Am 20. August nahm alles seinen Anfang. An diesem Montag setzte sich die damals 15-jährige Greta Thunberg aus einem Vorort von Stockholm zum ersten Mal vor das schwedische Parlament und streikte für mehr Klimaschutz. Erst täglich, schwänzt die Schülerin inzwischen noch jeden Freitag die Schule für ihren Protest. Dieser fand weltweit Nachahmer. In der Schweiz gingen Mitte Dezember erstmals Schüler in Zürich fürs Klima auf die Strasse. Heute sind Proteste in elf Städten angekündigt. Der nächste internationale Klimastreiktag ist am 15. März.
Am 20. August nahm alles seinen Anfang. An diesem Montag setzte sich die damals 15-jährige Greta Thunberg aus einem Vorort von Stockholm zum ersten Mal vor das schwedische Parlament und streikte für mehr Klimaschutz. Erst täglich, schwänzt die Schülerin inzwischen noch jeden Freitag die Schule für ihren Protest. Dieser fand weltweit Nachahmer. In der Schweiz gingen Mitte Dezember erstmals Schüler in Zürich fürs Klima auf die Strasse. Heute sind Proteste in elf Städten angekündigt. Der nächste internationale Klimastreiktag ist am 15. März.