Lange wurde Sommaruga und Burkhalter vorgeworfen, sie seien im EU-Dossier untätig
Auf Augenhöhe mit den Grossen

Seit Monaten will die Schweiz mit der EU über die Umsetzung der Zuwanderungs-Initiative verhandeln. Weil wenig Konkretes öffentlich wird, steht der Bundesrat in der Kritik. Doch Sommaruga und Burkhalter sind keineswegs untätig. Denn nicht nur in Brüssel, sondern auch bei unseren wichtigen und in der EU einflussreichen Nachbarstaaten muss er Goodwill schaffen.
Publiziert: 25.08.2015 um 18:32 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 02:32 Uhr
François Hollande, Matteo Renzi, Frank-Walter Steinmeier, Sebastian Kurz und Angela Merkel (v. l.): Die Arbeit von Simonetta Sommaruga und Didier Burkhalter war nicht umsonst.
Von Christof Vuille

Die ausgebildete Konzertpianistin Simonetta Sommaruga (SP) und der gelernte Ökonom Didier Burkhalter (FDP) sehen sich mit einer aussenpolitischen Herkulesaufgabe konfrontiert wie noch kaum ein Bundesrat zuvor. 

Seit 18 Monaten will die Schweiz mit der Europäischen Union über die Umsetzung der Zuwanderungs-Initiative verhandeln. Weil wenig Konkretes öffentlich wird, stehen die beiden Magistraten in der Kritik. Zu Unrecht: Der Bundesrat ist keineswegs untätig. Denn nicht nur in Brüssel, sondern auch bei unseren wichtigen und in der EU einflussreichen Nachbarstaaten muss er Goodwill schaffen. Das bedingt Treffen auf ­Augenhöhe und auf höchster Ebene.

Sommaruga und Burkhalter legen sich mächtig ins Zeug: Im Frühling war Frankreichs Präsident François Hollande in Bern zu Gast, kürzlich auch Deutschlands Aussenminister Frank-Walter Steinmeier. Bundesprä­sidentin Sommaruga pflegt zu Italiens Ministerpräsident ­Matteo Renzi ein gutes Verhältnis, besuchte ihn im Mai in Rom. Übers Wochenende machte ­Österreichs Aussenminister ­Sebastian Kurz klar, dass er eine Lösung anstrebt.

Und morgen in einer Woche beehrt mit Angela Merkel die mächtigste Frau Europas die Schweiz. Eine grosse Chance für den Bundesrat. Kenner der Schweizer Diplomatie erhoffen sich viel von diesem Besuch. Ein Experte plädiert dafür, im Gespräch mit der ­deutschen Bundeskanzlerin die Verhandlungsmasse auszuweiten, was der Bundesrat auch mit seinem neuen Chef-Koordinator Jacques de Watteville in Brüssel anstrebt. Die Schweiz könnte etwa die Aufnahme syrischer Flüchtlinge ins Spiel bringen.

CVP-Nationalrätin Kathy Riklin, Präsidentin der Delegation für die Beziehungen zum Deutschen Bundestag, sieht in der grossen Zahl von Flüchtlingen in Deutschland eine Chance. Der nördliche Nachbar rechnet 2015 mit 800 000 Asylbewerbern – rund 26-mal so viele wie die Schweiz. «Vielleicht stärkt dies das Bewusstsein, dass die Zuwanderung in die Schweiz sehr hoch ist», hofft die Zürcherin. Dass Merkel nach Bern kommt, wertet sie als «wichtiges Signal». Im Gegensatz zu EU-Mitgliedern sei es für den Bundesrat «viel schwieriger», Gespräche auf dieser Ebene zu führen.

Zum Handkuss kommen nun Sommaruga, Burkhalter, Johann Schneider-Ammann (FDP) und Doris Leuthard (CVP). Diese Chance «sollten die Mitglieder des Bundesrats nutzen», sagt Riklin.

Skeptisch bleibt die Rechte. SVP-Nationalrat Rino Büchel findet, die Bundesräte müssten freundlich, aber auch selbstbewusst mit Merkel sprechen. «Wir müssen ihr zeigen, welche Vorteile die Schweiz der EU bringt.» So verschaffe man Hunderttausenden Grenzgängern einen Job und verringere die Arbeitslosigkeit in der EU. Und die Schweiz sei im Asylbereich hilfsbereit, importiere für Milliarden Euro Waren aus der EU.

Wie die Gespräche auch ausgehen, mit leeren Händen geht Merkel nicht nach Hause. Nach dem Austausch holt sich die Kanzlerin an der Uni Bern die Ehrendoktorwürde ab.

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