Noch herrscht in der Schweiz keine Alarmstimmung. Die Trockenheit bereitet hiesigen Bauern aber grosse Sorge. Und in Deutschland ist die Lage bereits angspannt. «Erste gestern haben wir die Wasserbilanz angeschaut: Im Vergleich mit den letzten vier Jahren war es noch nie so trocken wie jetzt», macht Bauernverbands-Sprecherin Sandra Helfenstein klar, wie es derzeit in der Schweiz aussieht.
Die Bauern sässen wie auf Nadeln, sagt sie. Denn: Vielen Landwirten machen noch die Altlasten aus dem äusserst trockenen 2018 zu schaffen. Der Grundwasserspiegel ist nach wie vor sehr tief. Bauern, die über eigene Quellen verfügten, könnten rasch Probleme bekommen, wenn es nicht ausreichend regne.
Mehr Versicherungen abgeschlossen
Während die deutschen Bauern wegen der grossen Trockenheit bereits in Brüssel um Hilfe für die Landwirte betteln, haben sich hiesige Landwirte offenbar noch nicht an Bern gewandt. «Die Lage ist im Moment nicht dramatisch – was nicht heisst, dass es noch anders kommen könnte», sagt Jürg Jordi, Sprecher im Bundesamt für Landwirtschaft.
Viele Bauern haben dafür selbst vorgesorgt: Sie haben beispielsweise extra trockenheitsresistentere Sorten angebaut. Und die Landwirte schliessen auch vermehrt Ernteausfallversicherungen bei der Hagel-Versicherung ab. So verzeichnete Hagel Schweiz im letzten Jahr rund 1430 Policen mit einer gegen Trockenheit versicherten Fläche von 32'200 Hektaren. Für das laufende Jahr geht Hagel Schweiz von einer weiteren Zunahme aus.
Die Trockenheitsdeckung in der heutigen Form wird für Ackerkulturen seit 2013 und für Grasland seit 2016 angeboten. Im Vergleich von 2015 zum letzten Jahr hat sich die Zahl der Policen mehr als verdoppelt und die versicherte Fläche ist doppelt so gross.
Trockenheit kein Trend
Doch mit welchen Entwicklungen der Niederschlagsmengen ist zu rechnen? «Auch wenn das vergangene Jahr extrem wenig Niederschlag brachte, ist in den langen Niederschlags-Messreihen der Schweiz grundsätzlich keine Abnahme der Niederschlagsmengen zu beobachten», sagt der Klimatologe Stephan Bader vom Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie (MeteoSchweiz).
Auf der Alpennordseite zeige der Winter langfristig einen Trend zu mehr Niederschlag. Und für die anderen Jahreszeiten sei in allen Regionen der Schweiz keine aussagekräftige langfristige Niederschlagsänderung feststellbar. «Die Regenarmut im Sommerhalbjahr 2018 ist also nicht Teil eines laufenden Klimatrends», versichert Bader. Das Niederschlagsregime in der Schweiz sei vielmehr seit Messbeginn sehr stabil.
Wasser verdunstet schneller
Dennoch stellt Bader fest: Auch ohne Änderung des mittleren Niederschlags habe sich die verfügbare Wassermenge verringert. Denn die seit den 1990er Jahren markant angestiegene Sommertemperatur verstärke die Verdunstung. Entsprechend sei heute häufiger mit Sommertrockenheit zu rechnen als früher.
Mit der fortschreitenden Erwärmung der Sommer werde die Trockenheit in der Jahresmitte in den nächsten Jahrzehnten zunehmend akuter, «auch ohne Änderung der sommerlichen Niederschlagssummen», sagt Bader. Laut heutigem Wissen würden sich die Sommerniederschläge in der Schweiz aber ab dem Jahr 2060 verringern – das wird die Sommertrockenheit zusätzlich verstärken.
Zahlt der Bund bald Ernetausfälle?
Im Rahmen der künfigen Landwirtschaftspolitik, der sogenannten Agrarpolitik 2022+, diskutiert die Politik, ob sich der Bund an der Ernteausfallversicherung finanziell beteiligen soll. Doch das ist Zukunftsmusik. Spruchreif ist das Projekt noch nicht.
Zurück zum Frühling 2019: Bis jetzt hat es für angepflanzten Kulturen gerade noch ausreichend viel geregnet. In den letzten beiden Wochen seien nun Zuckerrüben gesät und Kartoffeln gepflanzt worden, sagt Helfenstein vom Bauernverband: «Für diese Kulturen ist der Regen jetzt existenziell», unterstreicht sie.
Anders als der Grossteil der Bevölkerung dürfte sie sich über die Wetterprognosen für die kommenden Tage freuen. (SDA/pt)