Die Krankenkassenprämien steigen Jahr für Jahr und werden immer mehr zur Last. Caritas lässt deswegen die Alarmglocken läuten – und fordert eine Prämienobergrenze von maximal einem Monatslohn (BLICK berichtete).
Künftig aber dürften Kranke noch tiefer in die Tasche greifen müssen. Im Parlament stehen schon am ersten Tag der am Montag beginnenden Wintersession drei Vorstösse auf der Traktandenliste. Alle nehmen die Franchisen ins Visier:
- Automatischer Anstieg: Als 1996 das neue Krankenversicherungs-Gesetz eingeführt wurde, betrug die Mindestfranchise noch 150 Franken. Heute sind es 300 Franken. Künftig soll die Mindestfranchise automatisch der Kostenentwicklung angepasst werden. Das Verhältnis der Franchise zu den Pro-Kopf-Bruttokosten in der Grundversicherung soll in der Regel in etwa 1:12 betragen. Sobald das Verhältnis auf 1:13 – aktuell also 3900 Franken – steigt, werden die Franchisen um 50 Franken angehoben. Das wäre schon bald der Fall: Letztes Jahr betrugen die Bruttoleistungen 3849 Franken pro Kopf.
- 500-Franken-Franchise: Eine Motion der nationalrätlichen Gesundheitskommission geht noch einen Schritt weiter. Sie will die Mindestfranchise gleich von 300 auf 500 Franken erhöhen.
- Drei-Jahres-Wahlfranchise: Wer freiwillig eine höhere Franchise wählt, soll künftig drei Jahre an diese gebunden sein. Zwar könnte man die Krankenkasse weiterhin jedes Jahr wechseln, die Franchise müsste aber gleichhoch bleiben. Damit soll das sogenannte Franchisen-Hopping verhindert werden, wenn sich eine teurere Behandlung abzeichnet.
SVP pocht auf mehr Selbstverantwortung
Alle drei Vorstösse haben dank der bürgerlichen Mehrheit von SVP, FDP und einem Teil der CVP gute Chancen im Nationalrat. SVP-Gesundheitspolitiker Sebastian Frehner (45, BS) verteidigt die Vorschläge. «Die Gesundheitskosten steigen ins Uferlose, deshalb müssen die Versicherten wieder mehr Selbstverantwortung übernehmen.»
Die Franchisen seien letztmals 2004 erhöht worden, deshalb sei eine weitere Erhöhung nun angesagt. «Alleine nur schon wegen der Teuerung», so Nationalrat Frehner, der für die 500-Franken-Limite plädiert.
Nicht wegen jedem «Bobo» zum Arzt
Er erhofft sich davon einen kostendämpfenden Effekt auf die Prämien: «Steigt die Mindestfranchise, wird es sich der eine oder andere zweimal überlegen, ob er wegen jedem Bobo gleich zum Arzt rennt.» Und wenn sie doch gingen, würden sie wenigstens die Allgemeinheit 200 Franken weniger kosten. «Damit setzen wir auch einer weiteren Umverteilung Grenzen, wie sie die Linke fordert.»
Tatsächlich läuft die Linke Sturm gegen diese Anpassungen: «Eine Erhöhung der Franchisen trifft die chronisch Kranken und die ältere Bevölkerung am stärksten», sagt SP-Vizepräsidentin und Nationalrätin Barbara Gysi (54, SG). Diese müssten einfach noch mehr aus der eigenen Tasche bezahlen. «Höhere Franchisen sind ein Angriff auf die Schwächsten und die Solidarität!»
Linke drohen mit Referendum
Gysi hält eine Erhöhung auch schlicht für unnötig: «Es ist nicht nachweisbar, dass höhere Franchisen die Gesundheitskosten irgendwie dämpfen.» Auch den geplanten Drei-Jahres-Verträgen erteilt sie eine Absage: «Das sind Knebelverträge.»
Für sie ist klar: «Kommen die Vorschläge so durch, muss die SP ein Referendum prüfen.»