Die Corona-Krise belastet den Bund massiv. Für die Bundeskasse erwartet SVP-Finanzminister Ueli Maurer (69) ein ausserordentliches Defizit von bis zu 55 Milliarden Franken. Der wichtigste Treiber: Die Arbeitslosenversicherung (ALV). In einer finanzpolitischen Lageanalyse bezifferte er die Zusatzbelastung bei der Arbeitslosenkasse auf 15 bis 38 Milliarden Franken geschätzt. «Die Arbeitslosigkeit wird ein mögliches Defizit Ende Jahr massiv beeinflussen», so Maurer jüngst.
Und der Einfluss wird immer massiver: Der Bund schiesst nämlich weitere 14,2 Milliarden Franken in die Arbeitslosenkasse ein. Das hat der Bundesrat am Mittwoch beschlossen. Insgesamt beläuft sich der Bundeszuschuss damit auf 20 Milliarden Franken – wurden doch bereits früher sechs Milliarden abgesegnet. Acht Milliarden Franken hatte die Kasse noch selber auf der hohen Kante, doch die sind ebenfalls aufgebraucht. Insgesamt bedeutet die Corona-Krise also eine Zusatzbelastung von 28 Milliarden Franken für die ALV.
Keine zusätzlichen Lohnprozente
Insbesondere der Ansturm auf die Kurzarbeit hat die Arbeitslosenkasse enorm belastet. Der Bundesrat hatte den Zugang zur Kurzarbeit rasch gelockert, worauf bisher rund 190'000 Unternehmen für 1,94 Millionen Angestellte Kurzarbeit beantragt haben. Dies entspricht rund 37 Prozent aller angestellten Personen in der Schweiz. Ohne rasche Zusatzfinanzierung würde die ALV bis Ende 2020 schätzungsweise Schulden von über 16 Milliarden Franken anhäufen.
Mit diesem Schuldenberg würde auch die im Gesetz fest geschriebene Schuldenbremse ausgelöst: Die ALV müsste ein Stabilisierungsprogramm aufgleisen und die Lohnprozente würden bereits per 2021 um mindestens 0,3 Prozent erhöht – eine Zusatzbelastung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Doch genau diese Zusatzbelastung für die Wirtschaft will der Bundesrat angesichts der schwierigen Lage verhindern, weshalb der Bund finanziell in die Bresche springt.
«Die Unternehmen brauchen Planungssicherheit», so SVP-Wirtschaftsminister Guy Parmelin (60) an der Medienkonferenz. Eine Zusatzbelastung wolle man aber auch für die Arbeitnehmenden verhindern, damit die Kaufkraft erhalten bleibe.
Offen ist, ob mit dem Nachtragskredit das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Parmelin betonte an der Medienkonferenz, dass viele Faktoren die Arbeitslosenkasse beeinflussen würden. So sei etwa unklar, ob die beantragten Kurzarbeitsentschädigungen tatsächlich vollständig ausgeschöpft würden. Vieles hänge von der weiteren Entwicklung ab, deshalb seien Prognosen schwierig.
«Es ist ein Antrag unter grösster Unsicherheit», ergänzte Seco-Vertreter Boris Zürcher. Der ALV-Stabilisierungsmechanismus werde bei einem Schuldenberg von 8 Milliarden Franken ausgelöst. Derzeit würden aber noch 4,8 Milliarden in der Arbeitslosenkasse liegen. «Die 14,2 Milliarden sollten daher weitaus ausreichend sein, damit die Schuldenobergrenze nicht erreicht und der Mechanismus nicht aktiviert wird.»
Voranmeldefrist wird wieder eingeführt
Allerdings wagt der Bund auch einen Schritt Richtung Normalität. Er plant den schrittweisen Ausstieg aus dem gelockerten Kurzarbeits-Regime. Dabei gilt:
- Für Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung sowie mitarbeitende Ehegatten oder eingetragene Partner und Partnerinnen entfällt der ausserordentliche Anspruch auf Kurzarbeit auf Ende Mai. Dann fällt auch die Erwerbsausfall-Unterstützung für direkt oder indirekt betroffene Selbständigerwerbende.
- Ebenfalls per Ende Mai erlischt auch der Anspruch auf Kurzarbeit für Lernende. Im Vordergrund steht hier eine möglichst rasche Fortsetzung der Ausbildung.
- Weiter wird auch die Voranmeldefrist wieder eingeführt. Diese war aufgehoben worden, da die verordneten Einschränkungen für Unternehmen nicht vorhersehbar waren. Unternehmen, für welche Kurzarbeit bereits bewilligt wurde, müssen wegen dieser Anpassung aber kein neues Gesuch einreichen.
- Die übrigen notrechtlichen Massnahmen enden wie vorgesehen per 31. August 2020 mit dem Ablauf der Verordnung über Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung im Zusammenhang mit dem Coronavirus