«Bonjour Chef», rufen die Schulkinder, als Kulturminister Alain Berset ins Klassenzimmer kommt. Dann wenden sie sich wieder konzentriert ihrer Aufgabe zu. Die 3.-Klässler der zweisprachigen Primarschule Plänke in Biel übersetzen Szenen aus dem Heidi-Film, der derzeit die Kino-Kassen füllt.
Berset wird gleich eingesetzt und erhält ein Blatt mit der deutschsprachigen Fassung einer Szene. Nacheinander sprechen die Kinder die verschiedene Rollen nach. Am Schluss ist Berset an der Reihe. Als er den Satz «Mit de Auge gar nüt, aber defür mit de Händ» etwas gar frei übersetzt, fährt ihm der neunjährige Tiziano sofort in die Parade und korrigiert. Es heisse korrekt: «Pas avec les yeux mais avec les mains.» Berset notiert sich die korrekte Version sofort auf sein Blatt und hält sich danach an die Übersetzung der Schüler. Im zweiten Anlauf klappt es. «Tiziano hat mich völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass er mit den anderen Kindern zusammen diese Stelle schon übersetzt hatte und zwar nahe am Ursprungstext», sagte Berset hinterher.
Die Schüler im Schulhaus Plänke mitten in Biel werden ab dem Kindergarten je zur Hälfte in Französisch und Deutsch unterrichtet. Das Pilotprojekt – 2010 gestartet – ist laut Schulleiterin Carol Strähl ein grosser Erfolg: «Wir haben mit der zweisprachigen Schule gute Erfahrungen gemacht.» Die Kinder würden spielerisch, einfach und somit quasi gratis eine neue Sprache dazulernen.“ Jede Klasse besteht je aus einem Drittel deutsch-, französisch- und fremdsprachigen Kindern. Laut Strähl hätten es die Kinder mit fremder Muttersprache einfacher, sich zu integrieren. Grund: Alle Kinder müssen neue Sprachen lernen. Auch auf dem Pausenplatz sei die Durchmischung gut. Früher an ihrer Schule hätten sich Deutschschweizer und Welsche noch Schneeballschlachten geliefert und sich kaum miteinander abgegeben, so Strähl.
Auch Bundesrat Berset zeigte sich begeistert von der Zwei-Sprachen-Schule. «Ich bin beeindruckt, wie entspannt und spielerisch die Kinder hier Sprachen lernen; und mit wie viel Elan und Begeisterung sie mitmachen.» Berset kämpft für die schweizweite Frühförderung in einer zweiten Landessprache. Dass der Kanton Thurgau ab 2017 in der Primarschule nur noch Englisch unterrichten will, stört den Kulturminister. «Es darf nicht sein, dass wir uns in der Schweiz nur auf Englisch verständigen.» Die Landessprachen seien ein sehr wichtiger Teil unserer Identität. Berset behält sich auch vor einzugreifen: «Der Bundesrat hat immer klar gesagt, dass er notfalls rasch handeln wird, damit in allen Kantonen eine zweite Landessprache ab der Primarschule gelernt wird.»
Am Ende fragte Berset die Kinder, ob sie auch ab und zu mit dem Handy einen Film machen würden. Seine eigenen Kinder im ähnlichen Alter würden dies oft tun. Die Kinder bejahten und Tiziano erzählte von einem Lego-Film, den er gemacht habe. «Es ist faszinierend, wie ungezwungen und kreativ diese Kinder mit der modernen Technik umgehen.», sagte Berset nach dem Treffen.