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Kündigungsinitiative der SVP
Keller-Sutters Allianz steht unter Druck

Der Bundesrat will mit einer breiten Allianz die Personenfreizügigkeit verteidigen. Doch es häufen sich die Misstöne.
Publiziert: 15.12.2019 um 12:14 Uhr
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Breite Allianz gegen die SVP: Bundesrätin Karin Keller-Sutter.
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Simon Marti

Mit ihrer sogenannten Kündigungs-Initiative geht die SVP aufs Ganze.

Erlaubte es die schwammig formulierte Initiative gegen «Masseneinwanderung» 2014 noch, das Ergebnis kreativ bis gar nicht umzusetzen, ist die Ausgangslage der neuen Vorlage klar: Sagt das Volk im Mai Ja, ist die Personenfreizügigkeit mit der EU ein Jahr später Geschichte und der bilaterale Weg steht vor dem Aus.

Selbst Vertreter der Rechtspartei finden den Initiativtext heikel: Mehrere SVP-Ständeräte versagten ihm diese Woche den Support.

Allianz der Justizministerin zeigt Risse

Und um den Bruch mit Brüssel zu verhindern, will eine breite ­Allianz von links bis freisinnig die Vorlage bodigen. Eigens zu diesem Zweck präsentierte der Bundesrat sogenannte Über­brückungsleistungen für ältere Arbeitslose. Er will damit verhindern, dass Ausgesteuerte über 60 Jahren aufs Sozialamt müssen.

Mit dieser Verknüpfung von ­Europa- und Sozialpolitik, so hofft man offenbar, liesse sich in der Debatte punkten, denn die Verdrängung älterer Schweizer Arbeitnehmer durch Zuwanderer, ein besonders emotionales Argument der Befürworter, wäre so entkräftet.

FDP-Bundesrätin Karin Keller-Sutter (55) steht hinter dieser Strategie. Doch in der Allianz der Justizministerin zeigen sich erste Risse: Unter Federführung ­ihres Parteikollegen Ruedi Noser (58, ZH) begann eine bürgerliche Mehrheit im Ständerat am Donnerstag zu bremsen. Sie forderte, dass die Überbrückungsrente für Frauen nur bis 62 gezahlt wird, für Männer bis zum Alter von 63 Jahren.

«Erpressung durch die ­Gewerkschaften»

Noch bevor der Abstimmungskampf angelaufen ist, kracht es im Nein-Lager also bereits: Gerade die beteiligten Freisinnigen hätten im Hinblick auf die Kündigungs-Initiative «ein äusserst ­problematisches Signal» gesetzt, warnt SP-Fraktionschef Roger Nordmann (46, VD). Er hofft zwar, dass der Nationalrat den Ständerat noch korrigieren wird, findet es aber bezeichnend, dass es Leute aus den eigenen Reihen seien, welche die Anstrengungen Keller-Sutters torpedierten.

Nordmann: «Über die Führung der Kampagne gegen die SVP-­Initiative wurde noch nichts definitiv beschlossen. Aber es sieht danach aus, dass die Linke einen eigenständigen Abstimmungskampf gegen die SVP-Initiative führen wird.»

Wie begründen die FDP-Ständeräte eigentlich ihr Manöver? Damian Müller (35, LU) hält die Verknüpfung von Europapolitik und Begrenzungs-Initiative für problematisch: «Auf diese Weise mit den Schwächsten zu spielen, ist reine Erpressung durch die ­Gewerkschaften und gehört sich nicht.»

Müller muss sich Kaltherzigkeit vorwerfen lassen

Müller erwartet, dass sich die ­Gewerkschaften «zum Null-Tarif an einen runden Tisch setzen», um das Thema zu diskutieren. «Sonst spielen sie der SVP in die Hände und riskieren mit dieser Haltung letztlich Arbeitsplätze und die soziale Sicherheit.»

Den Vorwurf der Kaltherzigkeit gegenüber älteren Arbeitslosen will Müller nicht auf sich sitzen lassen: «Ich kenne die Situation älterer Arbeitsloser aus meinem persönlichen Umfeld. Diese Schicksale bewegen mich, und ich stelle mich der Diskussion, wie wir diesen Menschen am besten helfen können.»

Deshalb habe er am Schluss – trotz Bedenken – zur Überbrückungsrente Ja gesagt – wenn auch nur in der abgespeckten ­Version.

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