Kritik an Bund
Aufsichtskommission fordert schärferen Vollzug von Russland-Sanktionen

Der Bund soll die Umsetzung von Wirtschaftssanktionen künftig schärfer überwachen. Das fordert die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats (GPK-S), nachdem sie unter anderem die Russland-Sanktionen analysiert hat. Sie richtet sechs Empfehlungen an den Bundesrat.
Publiziert: 16.11.2023 um 11:14 Uhr
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Aktualisiert: 16.11.2023 um 11:54 Uhr
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Die parlamentarische Oberaufsicht kritisiert in einem aktuellen Bericht den Vollzug von Wirtschaftssanktionen durch den Bund - unter anderem in Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg. (Themenbild)
Foto: Keystone/Pool Sputnik Kremlin/AP

In ihrem am Donnerstag veröffentlichten Bericht hält die parlamentarische Oberaufsichtskommission fest, dass der Bundesrat die Wirtschaftssanktionen der EU im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg angemessen übernommen hat. Angesichts der erforderlichen vorherigen Güterabwägung sowie der notwendigen Anpassung der Sanktionen an das Schweizer Recht ist die GPK-S der Ansicht, dass eine raschere Übernahme nicht möglich gewesen wäre.

Insgesamt habe der Bund die Datengrundlage für die Anwendung von Wirtschaftssanktionen in den vergangenen Jahren verbessert, schreibt die Kommission. Der Warenverkehr werde sowohl vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) als auch vom Bundesamt für Zoll und Grenzschutz (BAZG) verstärkt kontrolliert.

«Mehrere Kantone waren in der Anfangsphase nicht im Bild über ihre Rolle»

Kritischer beurteilt die Kommission hingegen, wie die Umsetzung der Russland-Sanktionen im konkreten Fall begleitet und überwacht wurde. Nach Ansicht der GPK-S klärten die Bundesbehörden die Unklarheiten der Kantone betreffend den Vollzug der Russland-Sanktionen zu spät. «Mehrere Kantone waren in der Anfangsphase nicht im Bild über ihre Rolle.» Gewisse Gesetzesbestimmungen seien für sie vor der Klärung durch den Bund unklar gewesen.

Zudem bedauert die Kommission, dass die Vermögen der von den Sanktionen betroffenen natürlichen und juristischen Personen in den ersten Monaten nach der Übernahme der Sanktionen aufgrund der unzureichenden Ressourcen des Seco nicht vermehrt kontrolliert werden konnten. Gemäss dem GPK-S-Bericht waren vor der Krise lediglich 0,7 Vollzeitäquivalente für die Umsetzung der Massnahmen betreffend Russland/Ukraine vorgesehen.

Unklar sei weiter das Verhältnis der Meldepflicht von Anwältinnen und Anwälten zu strafrechtlichen Bestimmungen über deren Berufsgeheimnis. Die GPK-S lädt den Bundesrat deshalb ein, die erforderlichen rechtlichen Abklärungen und gegebenenfalls Präzisierungen vorzunehmen.

Krisenkonzepts überprüfen zu lassen

Die GPK-S ersucht den Bundesrat ausserdem, die Angemessenheit des Krisenkonzepts des Bundes überprüfen zu lassen und dadurch sicherzustellen, dass das Seco in Krisenzeiten flexibler reagieren kann. Nach Ansicht der GPK-S benötigt das Seco zudem einen besseren Überblick über die Grundbuchänderungen im Zusammenhang mit sanktionierten Personen, um bei Verstössen gegen die Sanktionen vermehrt einschreiten zu können.

Weil der Bund die Liste der von der EU sanktionierten Personen unverändert übernimmt, müssen nach Auffassung der GPK-S zudem Massnahmen zur Gewährleistung der Rechtsstaatlichkeit geprüft werden. Der Bundesrat soll deshalb prüfen, wie die sachliche Begründung sowie die Rechtmässigkeit dieser Liste verbessert werden kann.

Auch fordert die Aufsichtskommission den Bundesrat auf, die Rechtsgrundlagen für die Durchsetzung von internationalen Sanktionen im Hinblick auf eine klarere Definition der Rolle der Kantone unter die Lupe zu nehmen. Bezüglich der Rolle der kantonalen Aufsichtsbehörden über das Grundbuch bei der Umsetzung der Wirtschaftssanktionen ortet die Kommission ebenfalls einen Prüfungsbedarf.

Bundesrat will mehr Kontrollen

Der Bundesrat muss bis Mitte Februar zu den Feststellungen und Empfehlungen Stellung zu nehmen. Er hat nach kritischen Voten bereits angekündigt, die Häufigkeit der Kontrollen künftig zu erhöhen, um die Wirksamkeit der Sanktionen zu verbessern.

Nachdem Russland die Ukraine militärisch angegriffen hatte, beschloss der Bundesrat Ende Februar 2022, die Sanktionen der EU gegen Russland zu übernehmen und somit deren Wirkung zu verstärken. Rechtliche Grundlage bildet das Embargogesetz. Dieses sieht vor, dass der Bund Zwangsmassnahmen erlassen kann, um Sanktionen durchzusetzen, die von der Uno, der OSZE oder von der EU beschlossen wurden.

Da die rechtliche Terminologie, die Begriffe und Zuständigkeiten in der Schweiz anders sind als in der EU, können die Beschlüsse der EU nicht unverändert übernommen werden, sondern müssen analysiert und an die schweizerische Rechtsordnung angepasst werden. Zudem muss die Schweiz sowohl dem Neutralitätsrecht als auch ihrer Neutralitätspolitik Rechnung tragen.

(SDA)

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