BLICK: Herr Cassis, der Waadtländer SP-Regierungsrat Pierre-Yves Maillard will die Krankenkassen-Vertreter aus dem Parlament werfen. Für Maillard sind Sie Inbegriff dieses Filzes. Was sagen Sie dazu?
Ignazio Cassis: Herr Maillard will eigentlich etwas ganz anderes – die direkte Demokratie und das Milizparlament abschaffen. Das finde ich keine gute Idee.
Wie kommen Sie darauf?
Maillard kritisiert, dass Krankenkassen ihre Interessen via Parlamentarier in die Politik einbringen. Ich kann darin keinen Skandal erkennen. Denn die Gewerkschaften, die Bauern und die Detailhändler tun das auch. Die direkte Demokratie baut auf dieser Mitbestimmung auf. Das ist das System Schweiz!
Der Detailhändler-Vergleich hinkt. Krankenkassen arbeiten in einem streng regulierten Markt, es gilt ein Versicherungszwang.
Stimmt, da gibt es einen formellen Unterschied. Aber letztlich sind alle Verbände finanziell mit dem Staat als Umverteiler von Steuergeldern verflochten. Lassen Sie mich die Frage umdrehen: Wo ist das Problem, wenn ich mich engagiere, damit die Krankenkassen ihre Aufgaben besser wahrnehmen können?
Was im Sinne der Kassen ist, ist nicht immer im Sinn des Volks.
Curafutura, der Krankenkassenverband, den ich präsidiere, setzt sich ein für ein freiheitliches Gesundheitssystem mit guten Leistungen zu fairen Preisen für die Versicherten. Herrn Maillard passt das offenbar nicht. Er möchte lieber eine Monopol-Krankenkasse, in der er alleiniger Chef wäre. Aber wir sind doch nicht in Nordkorea!
Wie viel Geld verdienen Sie mit Ihrem Mandat bei Curafutura?
Wir sind ein Milizparlament. Was Nationalräte verdienen, ist öffentlich. Berufsleben ist Privatsache. Mein Curafutura-Mandat hängt nicht von meiner Funktion als Parlamentarier ab.
Glauben Sie das wirklich?
Ja. Der Verband weiss, dass ich als Politiker zunächst meinen Wählern verpflichtet bin. Ich habe auch schon gegen die Interessen von Curafutura gestimmt.
Gemäss dem «St. Galler Tagblatt» erhalten Sie für das Mandat 180 000 Franken pro Jahr. Können Sie das bestätigen?
Das möchte ich nicht.
Welcher Anteil Ihres Einkommens stammt aus Krankenkassen-Jobs?
Wenn Politiker alle beruflichen Einkommen offenlegen müssen, ist das das Ende des Milizparlaments: Und ein Berufsparlament wäre ein schlechter Weg für die Schweiz.