Krankenkassen-Kosten
Bersets Obergrenze sorgt für Zoff

Gesundheitsminister Alain Berset will das Kostenwachstum im Gesundheitswesen eindämmen. Sein Rezept: verbindliche Kostenobergrenzen. Aber werden wir das tatsächlich im Portemonnaie spüren?
Publiziert: 26.10.2017 um 20:15 Uhr
|
Aktualisiert: 12.09.2018 um 07:50 Uhr
1/2
Dämpfen Kostenobergrenzen die Ausgaben im Gesundheitswesen nachhaltig – oder gehen sie zulasten der Qualität der medizinischen Versorgung?
Foto: Keystone
Julien Duc

Gesundheitsminister Alain Berset (45) nimmt einen neuen Anlauf, das Kostenwachstum im Gesundheitswesen wirksam zu dämpfen. Eine von ihm eingesetzte Expertengruppe befasste sich mit diesem Vorhaben und legte Berset 38 Massnahmen vor. Kernpunkt: Mit einem Globalbudget, also einer Kostenobergrenze und verbindlichen Zielvorgaben, sollen die Ausgaben künftig im Zaum gehalten werden.

Doch was bringt ein Globalbudget? Gesundheitspolitiker sind sich nicht einig. «Globalbudgets und verbindliche Zielvorgaben halte ich für grundlegend falsch und nicht durchführbar», sagt Sebastian Frehner (44) auf Anfrage von BLICK. Laut dem Basler SVP-Nationalrat baut der Bundesrat eine Drohkulisse auf, die nicht zum freiheitlichen Gesundheitswesen passe. Frehner sagt, er verstehe, dass Berset gegen den Kostenzuwachs vorgehen wolle, aber: «Globalbudgets sind mutlos und führen zu enormen Verschlechterungen.»

SVP-Nationalrat Sebastian Frehner (44, BS) hält Globalbudgets für grundlegend falsch und nicht durchführbar.
Foto: 50 Patrick Luethy

Qualität steht im Vorgrund

Frehner sorgt sich um die Qualität der Behandlungen, wenn der Bundesrat eine Kostenobergrenze verhängt. Da pflichtet ihm SP-Nationalrätin Yvonne Feri (51, AG) bei: «Wir müssen weiterhin sicherstellen, dass die Patienten im richtigen Moment das richtige Angebot erhalten.» Die Durchführbarkeit und Einhaltung von Globalbudgets und verbindlichen Zielvorgaben seien tatsächlich eine Herausforderung. Denn sollte das Budget einmal ausgeschöpft sein: Wer entscheide dann, ob eine notwendige Behandlung trotzdem stattfinden könne, fragt Feri.

Im Gegensatz zu Frehner beurteilt Feri eine Kostenobergrenze aber nicht per se als schlechte Sache. Die grosse Frage sei einfach, ob das Mengenwachstum damit wirklich reduziert werden könne. Potenzial sehe sie unter anderem bei den elektronischen Krankendossiers: «Damit kann verhindert werden, dass beispielsweise gleiche Leistungen mehrfach erbracht werden», so die Aargauerin.

Für SP-Nationalrätin Yvonne Feri (51, AG) steht die Qualität der medizinischen Leistungen im Mittelpunkt.
Foto: WALTER BIERI

Diesem Vorschlag könnte auch Frehner etwas abgewinnen. Ginge es nach dem SVPler, würde er den Hebel aber primär bei den Kantonen ansetzen: «Wir müssen die Mehrfachrollen der Kantone reduzieren.» Heute seien diese Eigentümer, Planer und Aufsichtsorgan der Spitäler zugleich. Das führe zu enormen Ausgaben. Für der Basler ist deshalb klar: «Wir brauchen weniger Regulierung, dafür mehr Wettbewerb.»

Krankenkassen-Experte ist skeptisch

Felix Schneuwly, Mediensprecher des Vergleichsportals Comparis, ist skeptisch, ob die vorgeschlagenen Massnahmen ihre Wirkung entfalten. «In den 20 Jahren, in denen wir in der Schweiz das Krankenversicherungsgesetz (KVG) haben, haben einerseits das Parlament, andererseits aber auch schon mehrere Bundesräte einiges versucht, um die Gesundheitskosten in den Griff zu bekommen.» An der jährlichen Kostensteigerung von rund vier Prozent habe sich aber nichts geändert. Der Krankenkassen-Experte ist überzeugt: «Würde man das KVG konsequent umsetzen und diese Umsetzung auch kontrollieren, wäre das deutlich effektiver als die 38 Massnahmen der Expertengruppe.» Das sei aber leider auch unbequemer für alle Akteure.

Und diese haben bereits Widerstand angekündigt. Krankenkassen, Spitäler und Ärzte sprechen sich umgehend gegen Bersets Globalbudgets aus, wie «10vor10» berichtete. Yvonne Feri wundert das nicht: «Wo man einsparen will, dort regt sich Widerstand. Das ist normal.»

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?