«Dieser Entscheid muss angefochten werden»
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Mindestfranchise steigt:«Dieser Entscheid muss angefochten werden»

Kranke sollen mehr bezahlen
Ständerat sagt Ja zu höherer Franchise

Nach dem Nationalrat gibt auch der Ständerat grünes Licht: Die Krankenkassen-Franchisen sollen künftig automatisch steigen. Schon bald von 300 auf 350 Franken.
Publiziert: 05.03.2019 um 08:18 Uhr
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Aktualisiert: 05.03.2019 um 11:09 Uhr
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FDP-Ständerat Joachim Eder (ZG) ist als Präsident der Gesundheitskommission für die Franchisenerhöhung.
Foto: Keystone
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Der Ständerat gibt grünes Licht: Kranke sollen künftig tiefer in die eigene Tasche greifen müssen. Die Krankenkassen-Franchisen sollen automatisch der Kostenentwicklung angepasst werden – und damit steigen. Die Mindestfranchise von heute 300 Franken würde damit alle paar Jahre in 50-Franken-Schritten steigen.

Die erste Erhöhung auf 350 Franken könnte schon 2020 erfolgen. Der Nationalrat hat dem Franchisen-Automatismus mit 133 zu 53 Stimmen bereits zugestimmt. Der Ständerat ist heute Morgen mit 26 zu 13 Stimmen bei zwei Enthaltungen gefolgt.

Von weiter gehenden Vorstössen – etwa für eine 400-Franken-Franchise – wollte er aber nichts wissen.

FDP-Eder: «Moderate Erhöhung»

«Seit fünfzehn Jahren wurde die Mindestfranchise nicht mehr angepasst. Eine moderate Erhöhung von 50 Franken ist tragbar, zumal die Kinder­prämien ausgenommen sind», sagt FDP-Ständerat Joachim Eder (67, ZG). Viele könnten den Betrag zudem problemlos wieder einsparen – indem sie etwa zu einer günstigeren Krankenkasse oder Alternativmodellen wechseln.

In der Debatte anerkannte Eder, dass die Krankenkassenprämien für viele Familien «ein echtes Problem» seien. Doch er machte auch klar: «Wir wollen die Eigenverantwortung stärken, um den Prämienanstieg zu dämpfen.»

CVP-Ständerat Ivo Bischofberger (61, AI) stiess ins gleiche Horn. Die Vorlage sei moderat und ermögliche eine Anpassung um 50 Franken etwa alle vier Jahre.

SP-Stöckli: «Solidaritätsprinzip geritzt»

SP-Ständerat Hans Stöckli (66,BE) wehrte sich gegen den Automatismus. Es sei nicht belegt, dass dadurch der Kostenanstieg gebremst werde. Stattdessen werde das Solidaritätsprinzip geritzt.

Stöckli betonte zudem: «Schon heute geht über ein Fünftel der Leute nicht zum Arzt, weil sie Angst vor den zusätzlichen Kosten haben.» Mit der Franchisenerhöhung drohe dieser Anteil noch weiter anzusteigen.

SP-Ständerat Paul Rechsteiner (66, SG) legte nach: «Die Franchisenerhöhung ist unsozial. Sie bedeutet eine Bestrafung der Senioren, der Kranken und der Armen.»

SP ergreift das Referendum

Gibt der Ständerat grünes Licht, wird aber das Volk das letzte Wort haben. Die SP hat schon am Montag das Referendum gegen die Vorlage beschlossen. «Die Franchisenerhöhung ist schlichtweg inakzeptabel», sagt SP-Vizepräsidentin und Nationalrätin Barbara Gysi (54, SG). «Sie trifft ausgerechnet die Schwächsten am stärksten – chronisch Kranke und die ältere Bevölkerung.»

Diese müssten einfach immer noch mehr aus der eigenen Tasche bezahlen. «Höhere Franchisen sind ein Angriff auf die Schwächsten und die Solidarität!» Zudem sei nicht nachweisbar, dass höhere Franchisen die Gesundheitskosten irgendwie dämpfen würden, so die St. Galler Nationalrätin. Für sie ist das Referendum daher «eine sozialpolitische Notwendigkeit».

Schon Tausende Unterschriften zugesagt

Die SP rechnet mit weiteren Verbündeten, die beim Referendum mitmachen werden, und führt entsprechende Gespräche. Das dürfte nicht allzu schwierig sein. So läuft seit letzter Woche eine Online-Umfrage von Wecollect-Mitbegründer Daniel Graf (45) und SP-Politiker Dimitri Rougy (21), die bereits das Referendum gegen die Versicherungsspione gestemmt haben.

Sie klären derzeit ab, ob man beim Franchisen-Referendum mitmachen und auch Unterschriften liefern würde. Der Rücklauf spricht eine klare Sprache: Bereits haben über 2000 Personen mehrere Tausend Unterschriften zugesagt.

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