Jetzt schiesst Pierre Krähenbühl (53) zurück. Nach Bekanntgabe seines Rücktritts vom vergangenen Mittwoch übt der ehemalige Direktor des Uno-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) scharfe Kritik an Bundesrat Ignazio Cassis (58).
Krähenbühl wirft der Politik – und damit auch Aussenminister Cassis – vor, eine Kampagne gegen ihn geführt zu haben. Er stelle eine «Hyperpolitisierung» fest, wie er sie noch nie zuvor gesehen habe, sagt der Top-Diplomat. Das sei auch der Grund für seinen Rücktritt.
Uno ermittelt gegen Krähenbühl unter anderem wegen Amtsmissbrauch
Die Uno hatte gegen Krähenbühl eine Untersuchung wegen Vetternwirtschaft, Diskriminierung und Amtsmissbrauch eingeleitet. Der Genfer soll unter anderem seiner Geliebten einen Job beim Hilfswerk verschafft haben. Das Aussendepartement hatte daraufhin die Zahlungen an das Palästinenserhilfswerk zwischenzeitlich sistiert.
Cassis hatte schon vorher in Frage gestellt, ob das Palästinenserhilfswerk «Teil der Lösung oder Teil des Problems» im Nahen Osten sei – was hohe Wellen geschlagen hatte. Im Interview mit dem «Tages-Anzeiger» weist Krähenbühl diese Darstellung weit von sich und geht in den Angriffsmodus. Der Vorwurf: Weil Cassis «selber keine Lösungen für den Nahostkonflikt hat, wälzt er die Schuld auf eine humanitäre Organisation ab».
Im Gespräch mit dem Westschweizer Fernsehen RTS bemerkt Krähenbühl zudem, dass Cassis mit dieser Aussage bestimmt «nicht in die Geschichtsbücher» eingehen werde. Zudem stellte er ihm eine Frage: «Wo werden die 280'000 Schüler im Gazastreifen unterrichtet, wenn es die UNRWA nicht mehr gibt?» Krähenbühl hat die Antwort bereits parat: Es sei die unter anderem von der EU und den USA als Terrororganisation eingestufte Hamas, die das übernehmen würde.
Cassis schweigt zum Angriff
Was sagt Cassis zu diesem Angriff? BLICK hat den Aussenminister am Rande einer Veranstaltung in Bern mit den Vorwürfen konfrontiert. Dieser nimmt den Fehdehandschuh aber nicht auf. Angesprochen auf den verbalen Angriff Krähenbühls, weicht Cassis aus.
Man verfolge «mit grosser Aufmerksamkeit» die Arbeit der Aufsichtsbehörden der Uno, die zurzeit den Fall unter die Lupe nimmt. Der abschliessende Bericht soll Ende Monat vorliegen. «Wir äussern uns nicht, so lange dieser Bericht nicht erschienen ist», sagt Cassis. Sobald er vorliege, werde man weitere Entscheide treffen.
Wie «CH Media» allerdings berichtet, ist der Teil über Krähenbühl bereits fertiggestellt. Ein Sprecher der Uno teilt gegenüber dem Medienverbund mit, dass die Untersuchung den Schweizer Diplomaten weitgehend entlaste. Krähenbühl habe weder betrogen noch Gelder veruntreut. Es gebe aber «Managementprobleme». Was das genau heisst, wird sich in einigen Wochen zeigen.