Konzerne können sich nicht mehr freikaufen
Bundesanwalt Lauber markiert den harten Hund

Bei Grosskonzernen will Bundesanwalt Michael Lauber ab sofort in jedem Fall ein Strafverfahren eröffnen.
Publiziert: 03.12.2017 um 14:04 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 15:05 Uhr
Bundesanwalt Michael Lauber.
Foto: FABRICE COFFRINI
Nico Menzato

Den Grosskonzernen wird genauer auf die Finger geschaut. Dies dank Enthüllungen wie den Panama Papers und den Paradise Papers, die zwar legale, aber höchst fragwürdige Machenschaften aufdeckten.

Um die vielen Konzerne mit Sitz in der Schweiz einfacher für Vergehen im Ausland zur Rechenschaft ziehen zu können, reichte ein Komitee 2016 die Konzernverantwortungs-Initiative ein. Das Ziel: verbindliche Regeln zum Schutz von Mensch und Umwelt – auch bei Auslandstätigkeiten.

Bislang gabs auch den «Deal»

Nun verschärft Bundesanwalt Michael Lauber (51) seine Gangart gegen fehlbare Konzerne. Gemäss Gesetz kann die Bundesanwaltschaft (BA) ein Verfahren einstellen, wenn «der Täter den Schaden gedeckt hat» und «das Interesse der Öffentlichkeit und des Geschädigten an der Strafverfolgung gering» ist. Von diesem Paragrafen machte die BA bislang auch Gebrauch.

Ab sofort aber nicht mehr, wie Lauber letzte Woche am Swiss Investigation Forum von Deloitte Forensik Schweiz (Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft) gesagt hat: «Aus mangelndem Interesse der Öffentlichkeit stellt die Bundesanwaltschaft bei Grosskonzernen keine Strafverfahren mehr ein. Bei global tätigen Unternehmen besteht grundsätzlich ein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung.»

Die BA bestätigt auf Anfrage die Aussagen Laubers und die damit vollzogene Praxisänderung. Diese dürfte auch das Verhalten der Staatsanwälte beeinflussen. Zweifelhafte Deals, wie etwa beim Geldwäscherei-Verfahren gegen die HSBC-Bank in Genf, dürften also der Vergangenheit angehören.

Weitere Angaben zu den Gründen für die Verschärfung macht die BA nicht, auch nicht zur Zahl eingestellter Strafverfahren der letzten Jahre. «Der Bundesanwalt möchte wohl in einem politischen Kontext ein Zeichen setzen», sagt der renommierte Korruptions- und Geldwäschereiexperte Mark Pieth (64). Zufrieden mit der Praxisverschärfung sind die Initianten der Konzernverantwortungs-Initiative. «Wir finden sie richtig und wichtig», sagt Andreas Missbach von der Organisation Public Eye.

«Vergehen nicht mehr ignorieren»

Es dürfe nicht sein, dass Konzerne sich wegen ihrer Macht oder einfach, weil sie global tätig seien, vor ihrer rechtlichen Verantwortung drücken könnten. «Vergehen, die von hier aus verursacht werden, aber anderswo eine Wirkung haben, kann man in einer globalisierten Welt nicht mehr ignorieren.

Doch dies reicht laut Missbach nie und nimmer aus. Die Schwierigkeiten, Wirtschaftskriminalität in der Schweiz zu verfolgen, seien offensichtlich. Weil es kaum juristische Werkzeuge gebe, auf welche die Justizbehörden zurückgreifen können. Missbach: «Es gibt nur einen einzigen Artikel im Strafgesetzbuch, der es ermöglicht, einen Konzern direkt zu verurteilen.»

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