Die geografische Lage ist entscheidend. Der 2400 Kilometer nordöstlich von Neuseeland gelegenen Insel Niue kann wegen ihrer geografischen Lage eine geopolitische Schlüsselrolle zukommen. Der Kleinstaat Niue liegt in der Mitte des von Tonga, den Cook-Inseln und Samoa gebildeten Dreiecks.
Dorthin haben die USA und Frankreich bereits ihre Fühler ausgestreckt. Washington weihte auf Tonga eine Botschaft ein, Paris kündigte eine Niederlassung auf Samoa an.
Cassis streckt die Fühler aus
Diese Schritte erfolgen im Rahmen des Interessenkonflikts von China und den USA in der Region. Diese Spannungen verschieben sich zunehmend nach Ozeanien, wie Lionel Fatton, Assistenzprofessor für internationale Beziehungen an der Webster Unversity in Genf, erklärte. Die Schweiz habe Ozeanien lange vernachlässigt. Mit den Kontakten zu Niue richte sie ihr Augenmerk auf die Insel inmitten grösserer Inselgruppen.
In Kenntnis des Spannungsfelds entschloss sich die Schweiz zur Kontaktaufnahme mit Niue. Aussenminister Ignazio Cassis (62) trifft auf seiner Südostasien-Pazifik-Reise seine Amtskollegin Mona Ainu'u aus Niue in der neuseeländischen Hauptstadt Wellington. Gemäss dem Aussendepartement (EDA) ist das Ziel, formellere diplomatische Kontakte aufzunehmen und so eine Lücke zu schliessen.
Warum die Wahl gerade auf den Kleinstaat fiel, begründete Cassis am Montag vor den Medien in Canberra mit der Uno. Er hatte sich zuvor mit seiner australischen Aussenministerin Penny Wong in der Hauptstadt Canberra getroffen.
Näher an Uno-Einrichtungen heranführen
Die Schweiz und Australien hätten ein Interesse daran, die pazifischen Inseln wie Niue, die nicht Uno-Mitglieder sind, näher an die Uno-Einrichtungen heranzuführen. Erste Schritte in diese Richtung begannen, als die Schweiz zu Jahresbeginn nichtständiges Mitglied im Uno-Sicherheitsrat wurde.
Gemäss Fatton ist die Gelegenheit gut, sich im Pazifik zu positionieren. Die Schweiz könne sich so auf die grossen Probleme fokussieren, die sie während ihrer Mitgliedschaft im Uno-Sicherheitsrat 2023 und 2024 thematisieren wolle. Darunter sei der Klimawandel, der in Ozeanien stark spürbar sei.
Dennoch bleibt der Einfluss der Schweiz auf den pazifischen Inseln gering. Die diplomatischen Geschäfte in der Region führt die Botschaft in der neuseeländischen Hauptstadt Wellington. Aussenpolitische Besuche dort sind selten.
Cassis' Besuch ist der erste eines Schweizer Aussenministers in Australien und Neuseeland seit zehn Jahren. Mit Neuseeland feiert die Schweiz in diesem Jahr die Aufnahme diplomatischer Beziehungen vor 60 Jahren. (SDA)