Kommt es zum Exodus aus der SP?
Grünliberale verzichten auf Abwerbestrategie

Nach Ex-Nationalrätin Chantal Galladé wechselt auch der amtierende Nationalrat Daniel Frei von der SP zu den Grünliberalen. Kommt es in der SP nun zum Dammbruch? GLP-Chef Jürg Grossen zeigt sich offen für Neuzugänge.
Publiziert: 31.05.2019 um 16:26 Uhr
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Chantal Galladé war die Vorgängerin von Daniel Frei im Nationalrat. Sie hatte genug von der SP.
Foto: Keystone
Ruedi Studer

Es war ein Paukenschlag: Im Februar wechselte die ehemalige Zürcher Nationalrätin Chantal Galladé (46) von der SP zur GLP. Ihr Nachfolger im Nationalrat tut es ihr nun gleich: Daniel Frei (40) läuft zu den Grünliberalen über. Zusammen mit seiner Lebenspartnerin, Kantonsrätin Claudia Wyssen.

«Die SP ist in meiner Wahrnehmung über die Jahre hinweg stets ideologischer und dogmatischer geworden. Es fehlt die Kraft und die Offenheit für neue Entwicklungen», begründete Frei seinen Wechsel gegenüber dem «Tages-Anzeiger».

Jahrelange Reibereien in Zürich

Klar ist, die Reibereien innerhalb der SP waren vor allem im Kanton Zürich gross. So legte sich etwa die Juso mit SP-Regierungsrat Mario Fehr (60) an. Das Kriegsbeil scheint mittlerweile aber begraben.

Dass sich der Grabenkrieg zwischen den Genossen vor allem auf Zürich konzentriert, hat durchaus seine Gründe: Der Kanton ist ein starker Wirtschaftsstandort – und da kommen sich linke Ideologen und wirtschaftsfreundlichere Realos stärker in die Quere. Und jüngst hat auch die Debatte um das EU-Rahmenabkommen, wo der Gewerkschaftsflügel den Ton angibt, zu Querelen geführt.

Europafreundliche GLP

Punkto Wirtschafts- und Europafreundlichkeit ist die GLP für manche SPler am liberalen Parteiflügel also durchaus eine Option. Und in ökologischen Fragen sind sich die beiden Parteien oft einig.

Den klaren Unterschied macht aber die Sozialpolitik: Die SP zielt auf einen deutlichen Ausbau des Sozialstaats. Die GLP hingegen fährt eine strengere Linie – kämpft etwa für ein höheres Rentenalter oder eine 500-Franken-Mindestfranchise. «Wir wollen keine Sozialpolitik mit der Giesskanne, aber auch keine mit dem Rasenmäher. Die Eigenverantwortung ist uns wichtig», sagt GLP-Chef Jürg Grossen (49, BE).

GLP-Grossen erwartet keinen grossen Zuzug

Doch folgt auf das Zürcher Trio nun ein weiterer Exodus von SP-Leuten zur GLP? «Weitere Wechselgelüste sind mir derzeit nicht bekannt», sagt Grossen. Man sei offen für weitere Leute, «wenn sie unsere Ziele und Grundwerte teilen». Er macht aber klar: «Wir betreiben keine Abwerbestrategie. Ich gehe daher nicht davon aus, dass es in der SP noch gross ‹räble› wird.» 

Dass kein SP-Exodus zu den Grünliberalen zu erwarten ist, zeigen übrigens auch die jüngsten Wahlen. Im März legten bei den Zürcher Kantonsratswahlen Grünliberale und Grüne zwar massiv zu, trotzdem konnte die SP ihren Wähleranteil praktisch halten. Und in den Kantonen Luzern und Baselland konnten SP wie auch GLP an Wähleranteilen zulegen. 

Der jüngste Paukenschlag dürfte also rasch wieder verhallen.

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