Kommt der Lebensmittel-Artikel in die Verfassung?
Fair Food soll auch fürs kleine Budget möglich sein

Das Ziel der Fair-Food-Initiative: umweltschonend, tierfreundlich und fair hergestellte Lebensmittel. Diese seien nötiger denn je, sagen die Initianten mit Verweis auf den Klimawandel.
Publiziert: 09.08.2018 um 22:19 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 20:11 Uhr

Glühende Hitze und viel zu wenig Regen: Die Initianten der Fair-Food-Initiative stellen die aktuellen Temperaturen mit ihrer Initiative in Zusammenhang. «Die Produktion und der Vertrieb von Lebensmitteln beeinflussen die Umwelt stark», sagte Maya Graf (56), Nationalrätin der Grünen. «Auch in unseren Kühlschränken und auf unseren Tellern.»

Die Grünen wollen mit der Fair-Food-Initiative erreichen, dass es ein grösseres Angebot an Lebensmitteln gibt, die umweltschonend, tierfreundlich und unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt werden. Der Bund soll solche Lebensmittel fördern.

Bei einem Ja gäbe es in der Bundesverfassung künftig also nicht nur zwei Landwirtschaftsartikel, sondern erstmals einen speziellen Lebensmittelartikel, der die Konsumentensicht vertrete, so Graf. Am 23. September entscheidet das Volk über die Initiative.

Nachhaltigkeit auch bei Importprodukten gefordert

Auch für Importprodukte sollen Anforderungen festgelegt werden. In der Schweiz werde heute fast die Hälfte der Lebensmittel importiert, geben die Initianten zu bedenken. Nachhaltig produzierte Produkte sollen mit abgestuften Einfuhrzöllen begünstigt werden.

Die Fair-Food-Initiative verlange nicht Schweizer Standards für importierte Lebensmittel, wurde vor den Medien betont. Sie fordere, dass sowohl bei Produkten aus der Schweiz als auch bei Importprodukten eine nachhaltige Entwicklung gefördert werde. Die Initiative verbessere zudem die Deklaration. Konkret soll zum Beispiel auch auf verarbeiteten Lebensmitteln die Tierhaltungsform deklariert werden müssen.

Lebensmittelkosten sind kleiner Teil des Haushaltbudgets

Die Initianten stellten nicht in Abrede, dass heute besonders günstige «Industrieprodukte» mehr kosten würden. Lebensmittel würden bei einem Ja aber nicht generell teurer, betonten sie. «Zwar gibt es beispielsweise weniger sehr billige Tierprodukte aus Massentierhaltung», sagte Adèle Thorens (46), Nationalrätin der Grünen. Der Preis von Qualitätsprodukten dürfte bei einem Ja zur Initiative aber sinken. Zudem könne mit Massnahmen gegen Lebensmittelverschwendung gespart werden.

Die Initianten geben ferner zu bedenken, dass Schweizer Haushalte weniger als sieben Prozent des Budgets für Lebensmittel ausgeben, im internationalen Vergleich sehr wenig. Die ärmeren Haushalte sollten dort entlastet werden, wo die Belastung tatsächlich gross sei, etwa bei den Mieten und bei der Krankenversicherung. Zudem hätten auch sie Anrecht auf eine grössere Auswahl an gesunden, fair hergestellten Lebensmitteln.

Tierschutz im Ausland würde gestärkt

Heinz Lienhard, der Präsident des Schweizer Tierschutzes, wies auf das Tierleid hin, das in manchen Importprodukten stecke. Die Schweiz importiere jährlich rund 120'000 Tonnen Fleisch, 100'000 Tonnen Milchprodukte und 700 Millionen Eier. Hinter diesen Zahlen stünden rund 100 Millionen Tiere. Viele von ihnen lebten unter schlimmsten Bedingungen, die in der Schweiz verboten seien.

Mit diesen Importzahlen sei die Schweiz kein kleiner Player, gab Lienhard zu bedenken. Ein solches Abnehmerland könne Bedingungen stellen, etwa mit der Bevorzugung von tierschutzkonformen Produkten im Einfuhrsystem. Es gebe auch im Ausland akzeptable Formen der Nutztierhaltung. (sda/mat)

Alle Abstimmungen auf einen Blick

Die Schweiz stimmt wieder ab: Erklärungen zu allen Initiativen, aktuelle News und prominente Stimmen zum Thema finden Sie hier.

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Die Fair-Food-Initiative

Was will die Fair-Food-Initiative?
Die Grünen wollen Lebensmittel aus einer naturnahen, umwelt- und tierfreundlichen Landwirtschaft mit fairen Arbeitsbedingungen fördern. Dabei soll es keine Rolle spielen, ob die Lebensmittel aus der Schweiz stammen oder importiert sind. Dem Bund werden dafür verschiedene Instrumente in die Hand gegeben. So kann er Vorschriften zur Zulassung von Lebens- und Futtermitteln und auch zur Deklaration von deren Produktions- und Verarbeitungsweise erlassen. Und über Zollkontingente und Einfuhrzölle kann er die Lebensmittelimporte steuern. Eine weitere Möglichkeit sind verbindliche Zielvereinbarungen mit der Lebensmittelbranche. Weiter soll der Bund regional und saisonal produzierte Lebensmittel fördern und Massnahmen gegen die Lebensmittelverschwendung ergreifen.

Wer ist dafür?
Neben den Grünen unterstützen auch die SP, EVP, Alternative Linke und CSP die Initiative. In der Ja-Allianz finden sich zudem allerlei weitere Organisationen und Verbände, wie etwa Biosuisse, KAG Freiland, der Schweizer Tierschutz, Pro Natura oder die Konsumenten-Vereinigung Schweiz.

Wer ist dagegen?
Die bürgerlichen Parteien stellen sich gegen die Initiative: SVP, FDP, CVP, BDP und GLP. Starker Widerstand kommt aus der Wirtschaft: Neben Economiesuisse sagt etwa auch der Gewerbeverband deutlich Nein. 

Was spricht gegen die Initiative?
Die vom Wirtschaftsdachverband Economiesuisse angeführte Gegnerschaft stellt sich gegen noch stärkere Regulierungen im Lebensmittelbereich. Damit werde die Wahlfreiheit der Konsumenten eingeschränkt. «Die Initiative führt zu einer rigorosen Marktabschottung, bricht internationale Verpflichtungen und gefährdet Freihandelsabkommen», warnt Economiesuisse zudem. Sie befürchtet ein Bürokratiemonster und sieht Arbeitsplätze in der Lebensmittelindustrie gefährdet. Auch mögliche Preiserhöhungen werden von den Gegnern als Argument vorgebracht.

Was sagen die Bauern dazu?
In der Landwirtschaft gibt es keine einheitliche Meinung. Im Parlament stimmten die meisten Bauernvertreter gegen die Initiative. Kleinere Bauernorganisationen hingegen haben die Ja-Parole beschlossen, so etwa die Kleinbauern-Vereinigung und die Bauern-Gewerkschaft Uniterre. Ebenso der Landfrauen- und Bäuerinnenverband. Der Bauernverband hat Stimmfreigabe beschlossen.

Was will die Fair-Food-Initiative?
Die Grünen wollen Lebensmittel aus einer naturnahen, umwelt- und tierfreundlichen Landwirtschaft mit fairen Arbeitsbedingungen fördern. Dabei soll es keine Rolle spielen, ob die Lebensmittel aus der Schweiz stammen oder importiert sind. Dem Bund werden dafür verschiedene Instrumente in die Hand gegeben. So kann er Vorschriften zur Zulassung von Lebens- und Futtermitteln und auch zur Deklaration von deren Produktions- und Verarbeitungsweise erlassen. Und über Zollkontingente und Einfuhrzölle kann er die Lebensmittelimporte steuern. Eine weitere Möglichkeit sind verbindliche Zielvereinbarungen mit der Lebensmittelbranche. Weiter soll der Bund regional und saisonal produzierte Lebensmittel fördern und Massnahmen gegen die Lebensmittelverschwendung ergreifen.

Wer ist dafür?
Neben den Grünen unterstützen auch die SP, EVP, Alternative Linke und CSP die Initiative. In der Ja-Allianz finden sich zudem allerlei weitere Organisationen und Verbände, wie etwa Biosuisse, KAG Freiland, der Schweizer Tierschutz, Pro Natura oder die Konsumenten-Vereinigung Schweiz.

Wer ist dagegen?
Die bürgerlichen Parteien stellen sich gegen die Initiative: SVP, FDP, CVP, BDP und GLP. Starker Widerstand kommt aus der Wirtschaft: Neben Economiesuisse sagt etwa auch der Gewerbeverband deutlich Nein. 

Was spricht gegen die Initiative?
Die vom Wirtschaftsdachverband Economiesuisse angeführte Gegnerschaft stellt sich gegen noch stärkere Regulierungen im Lebensmittelbereich. Damit werde die Wahlfreiheit der Konsumenten eingeschränkt. «Die Initiative führt zu einer rigorosen Marktabschottung, bricht internationale Verpflichtungen und gefährdet Freihandelsabkommen», warnt Economiesuisse zudem. Sie befürchtet ein Bürokratiemonster und sieht Arbeitsplätze in der Lebensmittelindustrie gefährdet. Auch mögliche Preiserhöhungen werden von den Gegnern als Argument vorgebracht.

Was sagen die Bauern dazu?
In der Landwirtschaft gibt es keine einheitliche Meinung. Im Parlament stimmten die meisten Bauernvertreter gegen die Initiative. Kleinere Bauernorganisationen hingegen haben die Ja-Parole beschlossen, so etwa die Kleinbauern-Vereinigung und die Bauern-Gewerkschaft Uniterre. Ebenso der Landfrauen- und Bäuerinnenverband. Der Bauernverband hat Stimmfreigabe beschlossen.

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