Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative, Durchsetzungsinitiative, Energiestrategie 2050, Unternehmenssteuerreform III, No Billag: Die SVP hat so gut wie alle bedeutenden Abstimmungen in dieser Legislatur verloren (BLICK berichtete). Einzig bei der gescheiterten Rentenreform (Altersvorsorge 2020) gehörte sie zu den Siegern.
Eine weitere happige Niederlage gilt es am 25. November dringend zu verhindern. Dann kommt die Selbstbestimmungsinitiative der Partei zur Abstimmug. Die tonangebenden Kräfte preschen nun vor, um die Wende zum Guten herbeizuführen. Mit scharfen Voten läuteten sie am Samstag an der Delegiertenversammlung in Unterägeri ZG den Kampf gegen die fremden Richter ein.
Verfassung letztes Bollwerk vor EU-Beitritt
Die Initiative «Schweizer Recht statt fremde Richter» – oder eben Selbstbestimmungsinitiative – verlangt, dass Landesrecht Vorrang gegenüber Völkerrecht hat. Widerspricht ein völkerrechtlicher Vertrag einer Verfassungsbestimmung, muss der internationale Vertrag angepasst oder gekündigt werden. «Volk und Stände sind oberster Souverän», macht Thomas Matter (52) klar. So stehe es in der Verfassung.
Diese sei das letzte Bollwerk, der «letzte Schutz vor dem schleichenden EU-Beitritt», beschwört der Zürcher Nationalrat. «Unsere Gegner sind die Abschaffer der direkten Demokratie.» Das Stichwort ist gegeben. Roger Köppel (53) meldet sich zu Wort und zählt auf, wer diese sind: «Unsere Gegner sitzen nicht in der EU, sind nicht der schwankende Herr Juncker und seine Kollegen. Unsere Gegner sitzen in Bern, sitzen in der Verwaltung, sind die anderen Parteien, sind Bundesräte.»
Martullo: «Selbstbestimmung macht glücklich»
«Selbstbestimmung macht glücklich», führt Martullo-Blocher wieder auf einer sachlicheren Ebene weiter aus. Die Schweiz habe einen hohen Wohlstand, eine tiefe Arbeitslosigkeit und ein gutes Bildungswesen. Keine Bürokraten in Brüssel oder Bern müssten der Schweiz vorschreiben, was sie zu tun habe. «Denn das wissen wir selber ganz genau», meint die Ems-Chefin.
Ausländische Geschäftspartner würden sie beneiden wegen der guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Schweiz, erzählt Martullo. Sie erklärt diesen dann stets, dass das mit der Selbstbestimmung zu tun habe und nicht etwa damit, dass Bundesrat und Parlament besonders fähig seien. «Wir brauchen kein ausländisches Recht, keine höheren Steuern, keinen vollregulierten Arbeitsmarkt», so Martullo. Die Schweiz sei attraktiv, gerade weil sie anders und nicht gleichgeschalten sei wie viele andere Länder.
Mit der Annahme der Selbstbestimmungsinitiative wäre ein Rahmenabkommen mit der EU definitiv vom Tisch, meint Parteipräsident Albert Rösti (51): «Wir müssen der Schweiz unmissverständlich klar machen, dass nichts über die Selbstbestimmung geht.» Die Delegierten applaudierten begeistert den Votanten zu, ehe sie einstimmig die Ja-Parole fassten.
Doppeltes Nein zu Agrar-Initiativen
Doch die Delegiertenversammlung steht nicht nur im Zeichen der alles dominierenden Debatte um die fremden Richter. Auch «Fair Food» und Ernährungssouveränität – also die beiden Agrar-Initiativen, die am 23. September zur Abstimmung kommen – sind traktandiert.
Nach einer Diskussionsrunde fassten die Delegierten schliesslich die Parolen: Wenig überraschend lehnen die Delegierten beide Initiativen ab. Diese führten nur zu unnötiger Bürokratie, zumal ihre Anliegen bereits in der Verfassung geregelt seien, argumentiert die SVP.