Roger Köppel hat viel um die Ohren. Der Chefredaktor und Verleger der «Weltwoche» ist für die SVP auf dem Sprung in den Nationalrat. Dennoch fand er am Sonntagabend Zeit, bei ARD-Talker Günther Jauch zum Flüchtlingsdrama im Mittelmeer Stellung zu nehmen. Es wird befürchtet, dass in der Nacht zuvor bei einem Schiffsunglück 100 Kilometer vor der libyschen Küste bis zu 1000 Menschen ertrunken sind.
Im Nachbarland spielt der ehemalige Chef der Zeitung «Die Welt» eine ganz eigene Rolle und vertritt Positionen, die in Deutschland kaum jemand zu äussern wagt. Diesem Ruf wurde Köppel auch gestern gerecht.
Bereits zu Beginn der Sendung, gab der Zürcher seinen Tarif durch: «Es sind die politischen Eliten Europas, die Schuld sind am Tod dieser Leute, am nicht abreissenden Sterben dieser Leute», sagte Köppel. Er fordert aber nicht etwa mehr Boote zur Rettung der Menschen, sondern eine härtere Gangart in der Flüchtlingspolitik: «Die Politiker weigern sich, die Asylgesetzgebungen, die wir in Europa haben, auch strikte durchzusetzen. Sie weigern sich, diese illegale Migration entschlossen zu bekämpfen.»
Mehr Hilfe - vor Ort
Kein Wort von Soforthilfe, sondern der altbekannte Aufruf, die Einwanderung aus den Krisenländern dieser Welt zu unterbinden. Er plädiere dafür, «dass wir endlich diesen Todeskanal Mittelmeer schliessen». Man müsse «diesen Leuten» klar machen, so Köppel, «ihr könnt nicht auf diesem illegalen Weg nach Europa kommen, das geht einfach nicht.»
Die Antwort auf die Frage, wie die Flüchtlinge angesichts abgeriegelter Grenzen sich künftig in Sicherheit bringen können, blieb er schuldig.
Der Schweizer Journalist forderte, dass Europa seine humanitären Anstrengungen in den Krisenregionen verstärken müsse. Damit wusste sich der Schweizer mit dem ehemaligen deutschen Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) einig. Kämen mehr Flüchtlinge nach Europa, so Köppel, «schaffen wir damit die Anreize für weitere solche Todesschiffe und ich finde das schrecklich.»
Nun, wer findet die nicht enden wollenden Katastrophen unter den Augen des reichen Europas nicht «schrecklich»? Es gehört aber schon eine gesunde Portion Menschenverachtung dazu, auf eine noch verstärkte Abschottung zu pochen, während auf hoher See die Hilflosen ertrinken.
Schweigeminute
Zudem: Wie genau, und vor allem wann, die Lager in Nordafrika und im Nahen Osten denn gebaut werden sollen, konnten weder Köppel, noch der ehemalige deutsche Innenminister Friedrich genau erklären. Helfen, ohne die Bürger Europas mit weiteren Asylbewerbern zu tangieren, ist aber alleweil bequemer.
Während sich Köppel mit dem deutschen Journalist Heribert Prantl duellierte, war einem sichtlich nervösen Aktivisten beschieden, in dieser zerfahrenen Diskussion die passenden Worte zu finden. Harald Höppner, der auf eigene Faust Flüchtlinge in Not retten will, zwang der ARD und Günther Jauch zu einer Schweigeminute. Das Publikum erhob sich. Und für 60 Sekunden herrschte demütige Stille im Saal. Man hätte sich gewünscht, Höppner hätte das laute Hin-und-Her früher zum Schweigen gebracht. (mas)