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Kobik wird per Ende 2020 aufgelöst
Bund und Kantone beenden Vertrag über Cyberermittler

Faktisch waren die Cyberermittler von Bund und Kantonen (Kobik) schon ausser Gefecht – nun lösen die Kantone ihre Vereinbarung mit dem Bund.
Publiziert: 28.12.2019 um 23:20 Uhr
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Bundesrätin Karin Keller-Sutter ist als EJPD-Vorsteherin für das Bundesamt für Polizei verantwortlich – diesem war Kobik administrativ unterstellt.
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Cyrill Pinto

Hinter den Kulissen hat die Schweiz die Kriminalitätsbekämpfung im Internet neu aufgestellt – die seit 2003 für Onlineermittlungen zuständige Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (Kobik) wird per Ende 2020 aufgelöst. Dies bestätigt der Generalsekretär der Kantonalen Justiz- und Polizei­direktorenkonferenz (KKJPD), Roger Schneeberger, jetzt gegenüber SonntagsBlick. Seit 2003 führte Kobik für die Kantone Vorermittlungen im Bereich Pädo-Kriminalität durch. Entsprechende Verdachtsfälle meldete die Koordinationsstelle an die zuständige kantonale Staatsanwaltschaft weiter, ebenso Hinweise aus dem Ausland.

Die Kantone finanzierten deshalb das beim Bundesamt für Polizei (Fedpol) angesiedelte Kommissariat zur Hälfte mit, der Kobik-Jahresbericht wurde vor seiner ­Veröffentlichung jeweils einem ­Leitungsausschuss aus Vertretern von Bund und Kantonen vorgelegt.

Die Auflösung von Kobik steht am Ende eines jahrelangen internen Machtkampfs zwischen den Kantonen und dem Fedpol: 2018 berichtete SonntagsBlick erstmals über die Probleme, welche die ­Koordinationsstelle lahmlegten und Ermittlungen im Internet erschwerten.

Kantone von Fedpol allein gelassen

Gleichwohl bestand die Kobik auf dem Papier weiter. Im Hintergrund verhandelten Bund und Kantone über eine neue Leistungsvereinbarung zu Ermittlungen im ­Internet. Doch wie sich nun zeigt, kam diese Übereinkunft nicht ­zustande: «Wir sind an der Herbstversammlung der KKJPD von Mitte November übereingekommen, die Kobik-Vereinbarung per 2020 aufzulösen», schreibt KKJPD-Generalsekretär Schneeberger in seiner Stellungnahme, und «dass die ­Kobik-Vereinbarung aufgrund ­neuer Kriminalitätsformen und veränderter Umstände überholt ist.»

Während des jahrelangen Seilziehens baute das Fedpol intern ein neues Kompetenzzentrum für Ermittlungen im Netz aus – mit mässigem Erfolg. Mehrmals mussten die Kantone beim Fedpol intervenieren, weil sie bei der Bekämpfung von Cybercrime-Delikten allein gelassen wurden. In der Zwischenzeit beschäftigen viele Kantone eigene Netz-Ermittler – und schufen die Rechtsgrundlagen für verdeckte Fahndung im Internet. Dazu bündelt das beim Fedpol neu geschaf­fene Cyber-Kompetenzzentrum (NC3) parallel seine Internetkompetenzen aus den Bereichen Ermittlungen, Fachkompetenz oder Infrastruktur. Es unterstützt die Kantone, indem es Hinweise aus dem Ausland nach ihrer Relevanz sortiert sowie die Fälle koordiniert – insbesondere kleinere Kantone erhalten forensische Hilfe im Informatik-­Bereich. Das neue Kompetenzzentrum ist allein dem Fedpol – und ­damit der Justizministerin Karin Keller-Sutter (56) – unterstellt.

Erfolg der neuen Struktur wird sich weisen

Im Verlauf dieser Entwicklungen wurden langjährige Fedpol-Mitarbeiter abgesetzt, die auch für Kobik im Einsatz waren. Was dazu geführt hat, dass der Stab des Fedpol nicht mehr in der Lage war, Stellungnahmen im Bereich Cybercrime zu verfassen und an den Nachrichtendienst des Bundes (NDB) verweisen musste.

Dort leitet Philipp Kronig (55) die Abteilung Informationsbeschaffung und Cyber – der Walliser Jurist baute 2003 Kobik mit auf und war deren Chef bis 2009.

Ob die neue Struktur zu häufigeren Fahndungserfolgen führen wird, wird sich weisen.

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