Der Bundesrat ist nicht zu beneiden. Im Inland lehnen sich Gewerkschaften und SVP gegen das Rahmenabkommen auf und aus Brüssel kommen unversöhnliche Signale: Die Börsenäquivalenz dürfte kaum verlängert werden. Die EU-Kommission lässt keine Gelegenheit aus, um zu betonen, dass Nachverhandlungen nicht infrage kommen.
Kein Wunder, reagiert die Schweizer Wirtschaft zunehmend nervös. «Es droht eine Eskalation, die nur schwer einzudämmen sein wird», sagt Jan Atteslander (55), Leiter Aussenwirtschaft beim Wirtschaftsdachverband Economiesuisse. Er warnt, dass ohne Rahmenabkommen längerfristig der gesamte bilaterale Weg auf der Kippe steht. Mit gravierenden finan-ziellen Folgen. Auch wenn die Kosten einer solchen Eskalation kaum exakt ermittelt werden können, zeigten Untersuchungen, «dass bei einer Erosion des bilateralen Wegs der Schweiz längerfristig jährlich 20 bis 30 Milliarden Franken verloren gingen», so Atteslander.
Berechnungen für die Zukunft sind schwierig
Economiesuisse hat sich stark für eine rasche Einigung mit Brüssel ins Zeug gelegt. Darum sind diese Einschätzungen mit entsprechender Vorsicht zu geniessen.
Berechnungen für die Zukunft seien «per se schwierig», sagt Jan-Egbert Sturm (49), Direktor der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF). Werde aber Schweizer Firmen der Zugang zum europäischen Markt erschwert, «wirkt sich das selbstverständlich negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes aus». Dass namentlich der Lohnschutz bei den Verhandlungen als Stolperstein gilt, scheint dem Ökonomen nicht zwingend. Um Schweizer Löhne zu schützen, wurde die Einführung der Personenfreizügigkeit mit der EU mittels flankierenden Massnahmen abgefedert. «Allerdings wäre das Lohnniveau auch ohne diese Massnahmen wahrscheinlich recht stabil geblieben», so Sturm.