Knatsch um Entschädigung für gefährliches Pestizid
Parmelin lässt Bauern auf Chlorothalonil-Vorräten hocken

Der Bundesrat hat den Bauern den Einsatz des Pestizids Chlorothalonil verboten. Nun sitzen sie auf ihren Vorräten fest – und warten vergeblich auf Entschädigung.
Publiziert: 21.02.2020 um 16:36 Uhr
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Aktualisiert: 21.02.2020 um 16:55 Uhr
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Seit Anfang Januar dürfen Bauern das Pestizid Chlorothalonil nicht mehr auf ihre Felder spritzen.
Foto: Keystone
Ladina Triaca

Seit dem 1. Januar dürfen Bauern den Pflanzenschutzwirkstoff Chlorothalonil nicht mehr auf ihre Felder spritzen. Der Bundesrat hat den Verkauf des Pestizids, das Getreide, Gemüse oder Reben vor Pilzbefall schützen soll, vergangenes Jahr verboten.

Verschiedene Untersuchungen zeigten, dass Chlorothalonil gefährlicher ist als lange Zeit angenommen. So kamen Forscher im Auftrag der EU zum Schluss, dass die Abbauprodukte des Wirkstoffs im Trinkwasser möglicherweise krebserregend sind.

Hierzulande wurde das Pestizid beziehungsweise dessen Abbauprodukte in den vergangenen Monaten in verschiedenen Kantonen im Trink- und Grundwasser nachgewiesen. Die Höchstwerte gemäss der Trinkwasserversorgung wurden dabei zum Teil deutlich überschritten.

Unbrauchbare Pestizid-Vorräte

Wegen des verhängten Chlorothalonil-Verbots sitzen die Landwirte nun auf ihren Vorräten fest. «Die Bauern haben sich auf die Zulassungsbewilligung verlassen und das Chlorothalonil im guten Glauben eingekauft», sagt Bauernverbandspräsident und CVP-Nationalrat Markus Ritter (52). Nun seien sie die Leidtragenden des Zulassungsstopps.

Bereits im Dezember forderte Ritter den Bundesrat deshalb dazu auf, die Landwirte für ihre unbrauchbar gewordenen Pestizid-Einkäufe finanziell zu entschädigen. Mit der Rückerstattung des Kaufpreises könne ein wichtiger Anreiz geschaffen werden, damit die Bauern ihre Lagerbestände an die Verkaufsstellen zurückbringen – wo sie ordentlich entsorgt werden können.

Bundesrat will Bauern nicht entschädigen

Doch davon will der Bundesrat nichts wissen. In seiner Antwort auf Ritters Vorschlag schreibt er, dass er den Bauern kein Geld zurückerstatten werde. Die Vertreiber der Pflanzenschutzmittel seien bereits heute dazu verpflichtet, die Pestizide «zurückzunehmen und ordnungsgemäss zu entsorgen». Spezielle Anreize für die Rückgabe seien deshalb nicht nötig.

Zudem habe das Bundesamt für Landwirtschaft die Öffentlichkeit bereits im Juli 2019 über seine Absicht informiert, die Bewilligung dieser Produkte zu widerrufen. Die Landwirte hätten sich demzufolge auf das Chlorothalonil-Verbot einstellen können.

«So kann es nicht weitergehen»

Dem widerspricht Ritter. «Die Bauern kaufen ihre Vorräte in der Regel frühzeitig ein», sagt er. Zudem seien die Informationen des Bundesrates nicht jedem Bauern gleichermassen präsent.

Er hofft, dass der Bundesrat nun entsprechende Lehren aus dem Chlorothalonil-Fall zieht. «Sollte der Bund in Zukunft weiteren Pflanzenschutzmitteln die Zulassung entziehen, erwarte ich, dass er uns Bauern frühzeitig und direkt informiert», sagt Ritter.

Die Bauern sind nicht die Einzigen, die sich über das Vorgehen des Bundes ärgern. Auch der Agrochemiekonzern Syngenta enerviert sich über den sofortigen Zulassungsstopp. Der Chlorothalonil-Hersteller hat bereits beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde gegen das Verbot eingelegt. Der Chlorothalonil-Streit geht also weiter.

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