Klimaneutrale Schweiz
Nationalrat berät über gesetzlichen Weg zum Netto-Null-Ziel 2050

Die Schweiz soll bis 2050 klimaneutral sein. Das Ziel ist gesetzt, der Weg dazu offen. Die Möglichkeit, das Ziel per Gesetz schneller zu erreichen als über die Gletscher-Initiative ist Thema im Nationalrat. Seine Umweltkommission hat vorgespurt.
Publiziert: 14.06.2022 um 06:47 Uhr
|
Aktualisiert: 15.06.2022 um 10:01 Uhr
Der Nationalrat entscheidet am Dienstag, ob die Anliegen der Gletscher-Initiative mit Getzesbestimmungen rascher umgesetzt werden sollen. (Archivbild)
Foto: JEAN-CHRISTOPHE BOTT

Der Rat debattiert am Dienstag über den Entwurf für ein Gesetz über die Ziele im Klimaschutz, den seine Umweltkommission (Urek-N) ausgearbeitet hat. Ergänzen will die Kommission das Gesetz mit Krediten für Förderprogramme: 1,2 Milliarden zur Förderung neuer Technologien in sechs Jahren und 2 Milliarden Franken für ein zehnjähriges Heizungs-Ersatzprogramm.

Die Kommission verabschiedete die Gesetzesvorlage mit 17 zu 7 Stimmen. Die SVP will nicht auf die Vorlage eintreten. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (ZG) moniert in seinem Einzelantrag auf Rückweisung des Geschäfts, dass keine ordentliche Vernehmlassung dazu stattgefunden habe.

In die Pflicht nehmen will die Kommissionsmehrheit Hausbesitzer, Verkehrsteilnehmer und die Industrie. Ihr Gesetzesprojekt enthält konkrete Zwischenziele und sektorielle Richtwerte.

Gebäude und Verkehr sollen bis 2050 kein CO2 mehr ausstossen. Die Industrie soll ihren Treibhausgas-Ausstoss um 90 Prozent senken. Die Kommission will dabei einen Absenkpfad vorgeben.

Bis 2040 sollen die Emissionen der Schweiz gegenüber 1990 um 75 Prozent zurückgehen. Die Kommissionsmehrheit will Treibhausgas-Emissionen so weit wie möglich vermindern. Wo das nicht geht, sollen die Emissionen in Form von negativen Emissionen der Atmosphäre entzogen werden.

Etliche Details sind umstritten, und dabei öffnen sich die bekannten Gräben. Vertreterinnen und Vertreter von Rot-Grün fordern schärfere Bestimmungen und mehr Tempo, darunter Klimaneutralität bis 2040 sowie zusätzliche oder verbindlichere Klimaschutzmassnahmen bei Gebäuden, Verkehr und im Finanzsektor. Auch für die von der Kommission ausgeklammerte Landwirtschaft werden Ziele gefordert.

Andere Minderheiten - vorwiegend SVP-Mitglieder - wollen beispielsweise keine Richtwerte für Sektoren oder lehnen die von der Mehrheit gewünschte klimaverträgliche Ausrichtung von Finanzflüssen ab. Zudem gibt es Stimmen für eine Abschwächung der Zwischenziele und auch gegen die Programme für die Förderung neuer Technologien und den Heizungsersatz.

Der Bundesrat ist grösstenteils einverstanden mit dem von der Nationalratskommission vorgeschlagenen gesetzlichen Weg. Ebenso unterstützt er das Sonderprogramm für den Heizungs-Ersatz. Verzichten will er auf das Technologie-Förderprogramm. Es fehle der finanzielle Spielraum, um diese Kosten zu tragen, schrieb er dazu.

Die Volksinitiative «Für ein gesundes Klima (Gletscher-Initiative)» selbst hat der Nationalrat bereits zur Ablehnung empfohlen. Sie verlangt eine klimaneutrale Schweiz ab 2050. Ab dann sollen auch keine fossilen Brenn- und Treibstoffe wie Öl, Gas, Benzin, Diesel und Kohle mehr in Verkehr gebracht werden dürfen. Ausnahmen soll es nur geben, wenn keine andere technische Variante zur Verfügung steht.

Grüne, SP und GLP stellten sich hinter die Initiative. Die Mehrheit im Nationalrat unterstützte den weniger scharfen direkten Gegenvorschlag des Bundesrates. Dieser will das Netto-Null-Ziel 2050 ebenfalls in die Verfassung schreiben, aber ohne Verbote. Die Unterstützer wollten mit dem Ja auch Zeit gewinnen für den indirekten Gegenvorschlag.

Das Initiativkomitee hält den indirekten Gegenvorschlag grundsätzlich für den besseren, weil schnelleren Weg ans Ziel als die Verfassungsbestimmungen. Der Entwurf der Urek-N stimme hoffnungsvoll, schrieb es und warnte zugleich vor Abschwächungen. (SDA)

Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?