Klima-Erwärmung: Stippvisite bei Schweizer Grönland-Wissenschaftlern
Bundespräsidentin wagt sich aufs Eis

Doris Leuthard unterstreicht mit ihrem Grönland-Trip den Stellenwert der Klimapolitik. 2018 ruft der Bund die Polarforscher nach Davos GR.
Publiziert: 30.07.2017 um 22:03 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 01:53 Uhr
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Ewiges Eis? Schweizer sammeln Klimadaten für die globale Forscherzunft. Blick auf die Schweizer Forschungsstation Swiss Camp.
Foto: zvg
Reza Rafi

Doris Leuthard (54) hat eine Vision: Sie sieht die Schweiz als Musterschülerin der Klimapolitik. Zum Leidwesen ihrer Kritiker konnte sie auf dem Weg zu diesem Ziel schon manchen Etappensieg feiern. So spielte Bern beim Durchbruch des Pariser Klimaabkommens 2015 eine einflussreiche Rolle im Hintergrund.

Wie wichtig das Thema für die Umweltministerin ist, unterstreicht sie mit ihrer nächsten Reise: Am 8. und 9. August besucht die CVP-Bundesrätin Grönland. Dort wird sie die Schweizer Forschungsstation Swiss Camp besichtigen, wie ihr Departement bestätigt.

Ein Projekt der ETH

Die Plattform beim westgrönländischen Ort Ilulissat wurde 1990 von der ETH aufgebaut. Sie dient der Vermessung von Erderwärmung und Eisdecke. Auch aus den USA kommt Unterstützung, zum Beispiel von der Nasa. 2007 betrug das Jahresbudget 200'000 Dollar.

Gastgeber ist der Atmosphärenwissenschaftler und ETH-Professor Konrad Steffen (65). Er erforscht seit vier Jahrzehnten die Polarregion. Als Direktor der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) ist Steffen so etwas wie Leuthards oberster Klimawächter. Gemeinsam mit dem bekannten Klimaforscher Thomas Stocker (58) von der Uni Bern hat er die Magistratin zum Besuch im ewigen Eis eingeladen.

Al Gore kam zu Besuch

Steffen ist ein Wissenschaftler mit Sendungsbewusstsein. Um seiner Botschaft Gehör zu verschaffen, lud er 2016 den ehemaligen US-Vizepräsidenten und Umweltaktivisten Al Gore nach Grönland ein. Auch die einflussreiche demokratische Politikerin Nancy Pelosi war schon da. «Ich möchte veranschaulichen, wie schnell Grönland schmilzt», sagt Steffen in einem internen Film der ETH.

Seine Haupterkenntnis ist besorgniserregend: In Grönland schmelze die Eisdecke viel schneller, als alle Modelle je vo­rausgesagt hätten.

Für hiesige Wissenschaftler ist das Schweizer Engagement im Norden nur logisch. Sie erhoffen sich, dass Erkenntnisse über die Klimafolgen in den Alpen in die Polarforschung einfliessen – und umgekehrt: Was auf den Polkappen passiert, soll mit dem Schicksal der alpinen Gletscher verglichen werden.

Schweiz ist Beobachterstaat beim Arktischen Rat

Mit dem Aktivismus an der Forschungsfront ging auch das Bemühen auf diplomatischer Ebene einher: Unter Federführung von FDP-Aussenminister Didier Burkhalter (57) hat sich die Schweiz erfolgreich dem Arktischen Rat angenähert. Seit Mai dieses Jahres sitzt die Eidgenossenschaft als Beobachterstaat mit den acht Mitgliedländern am Tisch. Zu ihnen gehören die USA, Russland, Kanada und die skandinavischen Länder.

Dank der Schweizer Ambitionen kommt es nächsten Juni zu einem Grossaufgebot in Davos GR: Dann wird die internationale Konferenz «Polar 2018» stattfinden.

Der Bund fördert den Anlass, an dem laut Aussendepartement die «renommiertesten Polarforschenden der Welt» teilnehmen und der die Forschung «am Nord- und am Südpol» verbinde.

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