Der russische Angriffskrieg in der Ukraine löst Angst und Grauen aus. Besonders bei Menschen, die den Schrecken eines Krieges selbst erlebt haben.
Anita Winter (59), Gründerin und Präsidentin der Gamaraal Foundation, einer Stiftung für Holocaust-Überlebende in der Schweiz, erklärt: «Holocaust-Überlebende sind zutiefst entsetzt über den Krieg und fühlen grossen Schmerz. Der Krieg zeigt, dass nur wenig aus der Vergangenheit gelernt wurde.» Die Stiftung steht in Kontakt mit Überlebenden in der Ukraine. Eine Flucht sei für die oft betagten Menschen kaum möglich. «Das löst grosse Ohnmacht aus.»
Dass Putin von einem Völkermord an der russischsprachigen Bevölkerung im Osten der Ukraine und einer Entnazifizierung des Landes spricht, löst laut Winter indes nicht nur bei Holocaust-Überlebenden Empörung aus.
Angreifer wissen nichts über die Geschichte
Besonders empörend und schmerzlich sei, dass beim Angriff auf Kiew diese Woche auch die Umgebung der Holocaust-Gedenkstätte Babyn Jar beschossen wurde. Das Gelände erinnert an die Ermordung von mehr als 33 000 ukrainischen Juden durch die Nationalsozialisten im Herbst 1941. «Es ist schrecklich, dass die Unantastbarkeit der Gedenkstätte nicht respektiert wurde.»
Auch der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (44), der jüdische Wurzeln hat, verurteilte den Angriff: «Für jeden normalen Menschen, der unsere Geschichte kennt, die Weltgeschichte, ist Babyn Jar ein besonderer Teil von Kiew.»
Die Angreifer wüssten nichts über die Hauptstadt der Ukraine und über ihre Geschichte.