Der Luzerner Gewerbechef Gaudenz Zemp (57) kennt einen Trick. Dieser soll verhindern, dass ausländische Arbeiter die hiesigen Sozialwerke belasten – und er sei erst noch besser als die SVP-Begrenzungs-Initiative, schreibt der Gewerbler in einem Leserbrief in der «Luzerner Zeitung».
Der Trick geht so: Die Unternehmen stellen ausländische Arbeitskräfte nur befristet für 364 Tage an. Nach Ablauf der Frist verlängern sie den Vertrag – wiederum nur für 364 Tage. Dieses Vorgehen kann beliebig wiederholt werden.
Der angebliche Vorteil für die Unternehmen: Die Arbeiter erhalten von den Behörden wegen der befristeten Verträge nur eine Kurzaufenthaltsbewilligung L – und müssen die Schweiz nach Ablauf des Vertrags sofort verlassen. «Das ist besser und schneller, als später eine ineffiziente Kontingentmaschinerie aufbauen zu müssen», schreibt Zemp, der für die FDP im Luzerner Kantonsrat sitzt.
Umstrittene Kettenverträge
Nur: Der Trick ist höchst umstritten! Sogenannte «Kettenverträge», wie Zemp sie seinen KMU-Kollegen empfiehlt, sind nämlich nur dann erlaubt, wenn ein sachlicher Grund vorliegt. Das ist beispielsweise der Fall, wenn eine Stelle jedes Jahr neu finanziert werden muss oder wenn einer Person neue Aufgaben zugewiesen werden. Nicht erlaubt sind solche Verträge, wenn sie dazu dienen, den Kündigungsschutz zu umgehen oder das Entstehen von Rechtsansprüchen zu verhindern.
Rechtsprofessor Roger Rudolph von der Universität Zürich will sich zum Einzelfall nicht äussern. Generell hält er aber fest, «dass ich die vorgeschlagene Vorgehensweise, wenn es nur darum geht, Arbeitnehmende um Sozialansprüche zu bringen, arbeitsrechtlich sehr skeptisch beurteile.» Und weiter: «Spätestens ab der zweiten Wiederholung wird es kritisch, möglicherweise aber auch schon vorher.»
SP-Roth: «Menschenverachtende Aussagen»
Empört zeigt sich der Präsident der SP Luzern, David Roth (35). Seine Partei hatte auf Social Media auf den umstrittenen Inhalt des Leserbriefs aufmerksam gemacht. «Gewerbechef Zemp sieht die Menschen offenbar als Ware, die man beliebig retournieren kann», sagt Roth. «Das ist menschenverachtend.»
Zudem basierten die flankierenden Massnahmen wie etwa der Lohnschutz darauf, dass sich sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer an die Regeln hielten. «Wenn Herr Zemp zum Missbrauch aufruft, dann zerstört er damit das Vertrauen zwischen Arbeitgebern und Angestellten völlig. Denn solche gesetzeswidrigen Verträge bedrohen auch die Arbeitsbedingungen der inländischen Angestellten», sagt Roth.
Zemp weist Vorwürfe zurück
FDP-Politiker Zemp weist die Vorwürfe von sich. Die Idee stamme nicht von ihm, sondern vom Leiter des kantonalen Amts für Migration, Alexander Lieb. «Herr Lieb hat meinen Leserbrief vorgängig gelesen und für korrekt befunden», sagt Zemp.
Er habe den Text in guter Absicht geschrieben. «Denn viele Unternehmer wissen schlicht nicht, dass es die Möglichkeit von befristeten Ein-Jahres-Verträgen gibt.» Es sei aber sicher nicht die Idee, dass die Verträge über fünf, sechs Jahre verlängert würden.
Migrationsamt involviert
Das Migrationsamt als Förderer von Kettenverträgen? Leiter Alexander Lieb räumt ein, dass er den Unternehmern an einer Veranstaltung geraten habe, ausländischen Angestellten bei der ersten Einreise in die Schweiz zunächst einen einjährigen, befristeten Arbeitsvertrag anzubieten.
«Das Amt für Migration hat aber nie eine missbräuchliche Anwendung eines einjährigen befristeten Arbeitsvertrags propagiert», betont er. Wenn beide Seiten nach einem Jahr nach wie vor mit dem Arbeitsverhältnis zufrieden seien, mache es durchaus Sinn einen unbefristeten Arbeitsvertrag abzuschliessen.