Durch die beiden Rücktritte von Johann Schneider-Ammann (66) und Doris Leuthard (55) werden im Dezember gleich zwei Bundesratssitze frei – ein Jahr vor den eidgenössischen Wahlen. Für das Parlament ist das gut – denn die Möglichkeit, Landesregionen zu berücksichtigen, wird deutlich grösser.
Wenig Freude aber haben zwei Parteien – die Grünen und die Grünliberalen. Denn sie meinen, sie verlören so die Chance auf einen eigenen Sitz in der Landesregierung. Ihr Kalkül: Sollten sie im kommenden Oktober bei den Wahlen stark zulegen, könnten sie rein rechnerisch einen Anspruch auf einen Sitz haben.
Kräfteverhältnisse werden zementiert
Tiana Angelina Moser (39), Fraktionschefin der GLP, sagt deshalb gegenüber Radio SRF: «Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass Rücktritte per Ende Legislatur erfolgen sollten, damit man auch die Wahlergebnisse berücksichtigen kann.» Das diene der Stabilität des Systems. Vorzeitige Rücktritte würden hingegen die alten Kräfteverhältnisse zementieren. Heisst: CVP und FDP sichern sich durch die vorzeitigen Rücktritte ihre Bundesratssitze.
Grünen-Chefin Regula Rytz (56) doppelt nach – und kündigt an: «Natürlich werden wir uns um einen Sitz im Bundesrat bewerben, wenn wir markant zulegen bei den nächsten Wahlen.»
Grüne und GLP müssten massiv zulegen
Nur: Da müssten die Grünen ordentlich zulegen – um 4,5 Prozent, sollte die CVP stabil bleiben. So viel beträgt nämlich der Abstand zur viertgrössten Partei, die gemäss der «Zauberformel» ein Anrecht auf einen Bundesratssitz hat. Die GLP müsste ihren Wähleranteil gar mehr als verdoppeln.
Rytz weiss das und denkt daher in Blöcken. Sie rechnet die SP mit ein und sagt: Wenn Sozialdemokraten und Grüne gemeinsam auf über 30 Prozent kommen, stünde der Linken ein dritter Sitz zu. So würden «die Verhältnisse neu gemischt», sagt sie zu SRF. Rytz findet, dass dann die FDP einen Sitz abgeben müsste. Ihre Argumentation würde aber die bisherige Zauberformel sprengen, wonach die grössten drei Parteien Anspruch auf jeweils zwei Sitze haben und die viertgrösste auf einen Sitz.
Die Bürgerlichen werden sich wehren
Rytz argumentiert nicht ohne Grund mit den Blöcken, denn bei den letzten Wahlen 2015 kam die CVP auf einen Wähleranteil von 11,6 Prozent. Die Grünen erreichten aber bloss 7,1 Prozent. Dass die Ökopartei den Unterschied von 4,5 Prozent bei den nächsten Wahlen wettmacht, gilt als wenig realistisch, selbst wenn die CVP bei den Wahlen 2019 Wähleranteile verliert. Zusammen mit der SP als linker Block über 30 Prozent zu kommen, ist einfacher. Nur: Das bürgerliche Parlament wird der Linken so nie und nimmer einen dritten Sitz im Bundesrat zugestehen.