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Die Akteure und ihre Rollen.
Von Matthias Halbeis und Moritz Kaufmann
Erst stand der Vorwurf gegen Christa Markwalder (FDP/BE) im Raum: Sie habe einen Vorstoss eingereicht, den ein Kasache zuvor bestellt und nach seinem Gusto umformuliert hätte. Für eine designierte Nationalratspräsidentin eigentlich ein No-Go.
Doch wie der SonntagsBlick aufdeckte, teilte Markwalder mit Toplobbyistin Marie-Louise Baumann auch Antworten auf Fragen, die sie in der Aussenpolitischen Kommission (APK) gestellt hatte. Solche Interna sind vertraulich. Doch Baumann leitete sie trotzdem an den kasachischen Auftraggeber Asat Peruaschew weiter.
Je weitere Kreise die Affäre zieht, desto ungemütlicher wird es für die Involvierten.
- Christa Markwalder: Die Berner FDP-Frau liess sich von Baumann nicht nur für den Vorstoss instrumentalisieren. Weil die in der APK beschafften Informationen zu Baumann und von dort nach Kasachstan gelangten, liegt wohl eine Verletzung des Kommissionsgeheimnisses vor. Markwalders Wahl zur Nationalratspräsidentin steht in Frage. Sie reagierte gestern auf die neuen Fakten: Sie verurteile «die Art und Weise dieses undurchsichtigen Lobbyings». Erneut bedauerte sie ihre «Gutgläubigkeit». Aber: Die APK-Antworten enthielten «weder vertrauliche noch brisante Informationen».
- Nationalrat Walter Müller (FDP/SG): Er liess sich von Lobbyistin Baumann mit Christian Miesch (SVP/BL), damals nicht im Nationalrat, nach Kasachstan einladen. Für Business-Flug, Hotel und Info-Programm zahlten sie nichts – die Kasachen aber rund 60 000 Franken an die PR-Agentur Burson-Marsteller. Müller fand das unbedenklich. Strafrechtliche Folgen sind aber möglich. Müller reagiert nicht auf Anfragen.
- Marie-Louise Baumann steht plötzlich im Fokus – unangenehm für eine Lobbyistin. Sie weibelt mit ihrer eigenen Firma für Philip Morris. Den Auftrag gab Burson-Marsteller wegen Vorgaben der US-Zentrale ab (BLICK berichtete). Auf diesem Weg kam Baumann aber zum Kasachstan-Auftrag – den sie wiederum im Auftrag von Burson-Marsteller betreut.
- Burson-Marsteller: Weil Baumann vertrauliche Informationen weitergab, hat nun auch Burson-Marsteller ein Problem. CEO Matthias Graf sagt: «Nach den Vorwürfen gegen eine unserer Freelance-Mitarbeiterinnen haben wir eine interne Untersuchung eingeleitet.» Graf will ein vollständiges Bild der Vorgänge erhalten, solange gelte die Unschuldsvermutung. Das Mandat sei angenommen worden, bevor er zum Unternehmen gestossen sei. Graf: «Sollten aber Fakten zutage treten, die unsere Prinzipien und Standards verletzen, werden wir uns entsprechende interne Schritte vorbehalten.» Die Weitergabe vertraulicher Infos sei immer problematisch, auch mangelnde Transparenz. Burson-Marsteller setze hohe Standards bezüglich Transparenz und Mandatsführung. Graf: «Das heutige Management steht dafür ein.»
- Nationalrätin Corina Eichenberger (FDP/AG): Sie verschaffte Baumann den Zugang zum Bundeshaus und liess zu, dass sich diese mit einer eigenen Firma registrierte. Doch Baumann lobbyierte auch weiter für Burson-Marsteller und vertrat so gegenteilige Interessen. Eichenberger weilt im Ausland und wollte keine Stellung nehmen.
- Die FDP Schweiz: Baumann stand als Ex-Mitarbeiterin im FDP-Generalsekretariat vor allem mit freisinnigen Politikern in Kontakt. Jetzt steht auch die Partei in der Kritik. Präsident Philipp Müller war schon letzte Woche sicher, dass die Affäre seiner Partei schade. Damals war noch nichts von der Kasachstan-Reise und der Weitergabe vertraulicher Informationen bekannt. Morgen trifft sich die Parteileitung. Vorher, so Müller, sage man nichts dazu.