Der St. Galler SVP-Kantonsrat Walter Gartmann (48) war ganz ausser sich: Der Kanton St. Gallen kauft Autos in Serbien ein! Der Präsident der St. Galler SVP packte Beweisfotos zusammen und reichte einen Vorstoss ein. Der Kanton soll Antworten zum skandalösen Einkauf liefern. Als «20 Minuten» über den Fall im Juni berichtete, fand die Pendlerzeitung auch einen Garagisten, der sich empört. Für Marcel Kalberer, Chef der Seeztal-Garage, war das Vorgehen des Kantons «fragwürdig».
BLICK wollte wissen, wieso sich Gartmann so sehr für die Beschaffung interessierte. Die St. Galler Regierung schweigt jedoch, sie will den Vorstoss spätestens bis im September beantworten.
Auftrag ging an Schweizer Firma
Wochenlange Recherchen zeigen warum: Der Auftrag für fünf Skoda-Autos (Modell Yeti) ging an einen Schweizer Auto-Händler. Einem, der «lokaler» für den SVP-Politiker gar nicht sein könnte: Wie Kauf-, Import- und Verzollungs-Unterlagen aufzeigen, kassierte das Autocenter in Mels SG den Auftrag. Ein offizieller Händler zweier Hersteller und Mitglied des Autogewerbeverbands.
Im herbeigeredeten «serbischen Skoda-Skandal» hat Gartmann diesen wichtigen Punkt aber nie genannt. Denn sonst wäre vorher klar geworden, weshalb der SVP-Mann ein derart grosses Interesse an der Skoda-Beschaffung hatte. Die Auftrags-Gewinnerin Autocenter ist nämlich direkter Konkurrent der Seeztal-Garage. Die beiden Garagen liegen im beschaulichen Mels SG so nah beieinander, das sie nur gerade mal ein Maschendrahtzaun trennt.
Das ist nicht die einzige auffällige Nähe: Die beiden Empörten, SVP-Mann Gartmann und Seeztal-Chef Marcel Kalberer, sind verschwägert und arbeiten zusammen. Gartmann ist Verwaltungsrat der Maxa Gruppe, zu der die Seeztal-Garage von Kalberer gehört.
Gartmann wollte «nur Fragen» stellen
Diese Verbindung liefert der Sache einen üblen Beigeschmack: Gartmann wetterte gegen den Konkurrenten seines Schwagers – ohne die Details zu nennen. Er schimpfte Autocenter-Chef Pascal Gattlen (40) gar als «‹Wald- und Wiesenhändler›, welcher vorwiegend aus dem Ostblock Autos importiert».
Gegenüber BLICK versuchte sich Walter Gartmann aus der Sache zu reden. Er kenne Autocenter-Chef Pascal Gattlen gar nicht persönlich. «Ich habe vom Skoda-Kauf von einer Privatperson erfahren», erklärt er und ausserdem habe er «nur Fragen» gestellt. Weitere Stellung wolle er mit Verweis auf die Kantonsrats-Sitzung im September nicht machen.
Dokumente, die dem BLICK vorliegen, widersprechen ihm: Gartmanns «Beweisfotos» zeigten die fünf Skodas eindeutig auf dem Grundstück des Autocenters. Gartmann oder Kalberer, einer von ihnen hätte wegen der geografischen Nähe erkennen müssen, dass die Skodas von einem Schweizer Garagisten und nicht etwa in Serbien gekauft wurden. Trotzdem hat er den Vorstoss mit harten Vorwürfen und verbalen Angriffen nicht zurückgezogen.
Steuerzahler bezahlt für Vorstoss-Beantwortung
Stattdessen werden jetzt seine Vorwürfe auf Kosten des Steuerzahlers beantwortet, davor gibt es von den Behörden keinen Kommentar. Strassenverkehrsamts-Chef Georges Burger, der den Skoda-Auftrag koordinierte, bestätigte lediglich, dass der Zuschlag an eine Schweizer Firma ging. Er betont zudem, dass die Werksgarantie für die Fahrzeuge gewährleistet sei.
BLICK-Recherchen weiss: Serbien spielte tatsächlich eine Rolle. Die fünf Skodas waren für den serbischen Markt bestimmt. Produziert wurden sie jedoch in den tschechischen Skoda-Werken in Kvasiny. Sie wurden danach via Deutschland in die Schweiz importiert, verzollt und hier eingelöst.
Ein Berg von Arbeit, die Autocenter-Chef Pascal Gattlen und seine Mitarbeiter machten. Dieser wollte sich zunächst zur ganzen Affäre gar nicht äussern. «Hier im Dorf waren die Meinungen schnell gemacht», erklärt er. Besonders gestört hat ihn jedoch die unfaire Art Gartmanns: «Um günstig offerieren zu können, brauchte es ein bisschen Arbeit. Wir haben die gemacht und die Autos auf dem freien Markt gesucht», sagt Gattlen.