Die SP-Parteileitung um Christian Levrat (47) steht vor einem veritablen Kraftakt. Die Delegiertenversammlung am Samstag in Olten dürfte für die SP zur Zerreissprobe werden. Denn die Diskussionen zweier umstrittener Geschäfte legen die ideologischen Gräben in der Partei gnadenlos offen.
Da wäre einerseits die Beschaffung neuer Kampfjets. Es ist ein Kampf zwischen Realpolitikern, die eine gewisse Luftwaffe befürworten, und Armeegegnern und Pazifisten. Anfang September hatte die Parteispitze ein Konzeptpapier zur Schweizer Luftwaffe präsentiert mit dem Titel «Nein zu neuen Kampfjets». Das beruhigt auf den ersten Blick die Anti-Militär-Fraktion.
Aber wer das Papier ausführlich liest, der versteht schnell, dass die SP-Führung eine fähige Luftwaffe befürwortet. Denn wenn die aktuellen F/A-18-Flieger der Armee ausgemustert werden, bieten die Sozialdemokraten Hand für die Beschaffung neuer Kampfjets für eine intakte Luftwaffe. Das ist laut Aviatikexperten spätestens 2030 der Fall.
Bei der Beschaffung neuer Flieger stellt sich aber nicht nur die Grundsatzfrage Kampfjet Ja oder Nein. Sondern auch, wie viele es denn sein müssen. Die SP-Spitze spricht von 20 bis 30 Fliegern. Das sei in Zeiten des Spardrucks zu viel, sagt ein Juso-Geschäftsleitungsmitglied zum «Tages-Anzeiger». Das skizzierte Konzept der Luftwaffe sei überdimensioniert. Acht bis zwölf Jets würden genügen, heisst es von den Juso weiter.
Antikapitalisten gegen Reformer
Für dicke Luft sorgt auch die letzte Woche lancierte «99-Prozent-Initiative» der Jungsozialisten (BLICK berichtete). Diese fordert die Besteuerung von Kapitalgewinnen – Zinsen und Dividenden – zu 150 Prozent. Die steuerlichen Mehreinnahmen sollen umverteilt werden und den tieferen Einkommensschichten zugute kommen.
Diese radikale Forderung geht dem rechten SP-Flügel um Daniel Jositsch (52) und Pascale Bruderer (40) deutlich zu weit (BLICK berichtete). Sie finden an dieser antikapitalistischen Haltung wenig Freude. Die Initiative verstosse «gegen wichtige Grundsätze bewährter sozialdemokratischer Steuerpolitik».
SP-Frauen feiern Jubiläum
Die SP-Frauen feiern dieses Jahr im November ihr hundertjähriges Bestehen. Sie nehmen dies zum Anlass, der Delegiertenversammlung ein feministisches Manifest zu unterbreiten, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt. Die SP setze sich zwar bereits aktiv für die Gleichstellung ein, Sexismus gebe es aber auch bei den Linken.
Deshalb fordern die Sozialdemokratinnen einen Aktionsplan, um die Gleichstellungspolitik weiter voranzutreiben. Dieser sieht unter vielem etwa den Verzicht auf die Teilnahme an reinen Männer-Diskussionsrunden vor.
Sie liebäugeln auch mit den Spitzenposten der Partei. Fraktions- oder Parteipräsidium sollen endlich auch einmal mit einer Frau besetzt sein. Für Natascha Wey, Co-Präsidentin der SP-Frauen, steht vor allem im Zentrum, dass die SP die Gleichberechtigung zu einem Anliegen der ganzen Partei mache und inhaltlich vorantreibe.
Kampfjets, radikale soziale Umverteilung, Feminismus – allesamt bewegende Themen für die Sozialdemokraten. Schafft die Partei den Spagat zwischen Ideologie und Realpolitik? Die Antworten gibt es am Samstag. (duc)