An den Plakaten mit dem Apfelbaum gibt es kein Vorbeikommen. 2014 ist das ganze Land voll davon. Das symbolträchtige Sujet soll für den Erhalt der «bewährten Bilateralen» werben – also gegen die Masseneinwanderungs-Initiative (MEI) der SVP.
Den Lead im Nein-Lager hat Economiesuisse; und nach dem hauchdünnen Volks-Ja an jenem denkwürdigen 9. Februar 2014 gerät der grösste Dachverband der Schweizer Wirtschaft in die Kritik. Zumal es sich um die zweite Schlappe in kurzer Zeit handelt: Ein Jahr zuvor war die Abzocker-Initiative mit fast 70 Prozent Ja-Stimmen klar angenommen worden.
Seitdem ist Economiesuisse das Image des Klubs der Grosskonzerne nie mehr ganz losgeworden. So auch bei der SVP-Kündigungs-Initiative, die am 17. Mai an die Urne kommt: Einige Politiker aus dem bürgerlichen und linken Lager halten Economiesuisse im Abstimmungskampf für eine Hypothek. Zumal der Verband finanziell gut ausgestattet ist und eine entsprechend wichtige Rolle spielen wird: «Wenn sich Economiesuisse an vorderster Front engagiert, ist das kontraproduktiv», sagt eine bürgerliche Parlamentarierin. «Ihnen fehlt das politische Gespür.»
Je breiter die Allianz desto besser
Auch ein Nationalrat aus dem linken Lager meint: «Ich begrüsse das finanzielle Engagement des Verbands, wünsche mir aber, dass er sich während der Kampagne im Hintergrund hält.» Mit Namen hinstehen mag von den Politikern allerdings niemand, kämpft man doch eigentlich im selben Lager: Ausser der SVP sprechen sich sämtliche Parteien gegen die Begrenzungs-Initiative aus.
Bei Economiesuisse hält man sicherheitshalber fest, dass der Name des Dachverbands auf den Plakaten nirgendwo zu lesen sei. «Das war auch 2014 schon so», sagt Roberto Colonnello (50), Leiter Kampagnen. Dennoch sei es wichtig, der Bevölkerung klarzumachen, dass sich die Wirtschaft gegen die Initiative engagiere.
Aber auch Economiesuisse ist zum Schluss gekommen, dass es der Sache schadet, wenn ein einziger Akteur alle anderen überstrahlt: «Das war eine der Lehren, die wir aus der Masseneinwanderungs-Initiative gezogen haben», erklärt Colonnello: «Wir müssen aufzeigen, wie breit die Allianz ist, die sich für den bilateralen Weg ausspricht.»
Als Konsequenz aus der MEI-Niederlage hat der Verband 2015 die Plattform «Stark und vernetzt» gegründet. Sie bringt Akteure zusammen, die sich für die Bilateralen einsetzen, vom Arbeitgeberverband über die Schweizer Universitäten bis hin zu Operation Libero.
Auch die Kampagne gegen die Kündigungs-Initiative läuft über diese Plattform. Das Resultat: Statt Hunderten von einheitlichen Apfelbaum-Plakaten wird es viele unterschiedliche Kampagnen geben, mit denen die einzelnen Akteure ihre jeweiligen Zielgruppen ansprechen.
Vernetzte Aktionen
Einige von ihnen haben den Abstimmungskampf bereits eröffnet. So traten Gewerkschaften und Gewerbeverband vor drei Wochen vor die Medien und sprachen sich für ein Nein aus. Operation Libero folgt nächste Woche. Ende März werden auch die Parteien einen gemeinsamen Auftritt haben.
Dazu kommen weitere Gruppierungen wie die zivilgesellschaftliche Bewegung Courage Civil, die sich ebenfalls für ein Nein engagiert.
Wie sich in der Vergangenheit gezeigt hat, kann diese mehrgleisige Strategie durchaus erfolgreich sein. So koordinierten Mitglieder der Plattform «Stark und vernetzt» bereits ihre Anstrengungen bei der SVP-Selbstbestimmungs-Initiative oder dem Referendum zur EU-Waffenrichtlinie.
Beide Male siegte das pro-europäische Lager – und zwar mit deutlicher Mehrheit.