Mit gerade mal 27 Jahren wurde ÖVP-Politiker Sebastian Kurz österreichischer Aussenminister, jetzt mit 31 Jahren wird er wohl der jüngste Bundeskanzler unseres Nachbarlands werden.
Da sieht es in der Schweiz ganz anders aus: Der jüngste amtierende Bundesrat ist Alain Berset mit 45 Jahren. Gewählt wurde er mit 39 Jahren.
Sebastian Kurz traut sich zu, das Land zu führen. Doch wie sieht es bei unseren Jung-Parlamentariern aus?
SP-Wermuth will gar nicht
SP-Nationalrat Cédric Wermuth (31, AG) teilt mit Kurz zwar den Jahrgang, aber nicht die Regierungsambitionen. Ein Land zu führen, bringe eine enorme Verantwortung mit sich, davor habe er Respekt. «Das ist schon eine andere Nummer», meint Wermuth. «Ich hätte zumindest Zweifel, ob ich mir das zutraue, aber ich würde es vor allem nicht wollen.» Zu stark würde er dadurch eingeengt. «Ich könnte mich nicht dauernd dem Kollegialitätsprinzip unterwerfen und jeden Kompromiss verteidigen.»
Grundsätzlich findet er es richtig, dass die junge Generation – gerade auch in der Schweiz – besser vertreten ist auf dem politischen Parkett. «Man kann es es mit dem Jugendwahn aber auch übertreiben», so Wermuth. «Gerade Kurz kommt aus dem tiefsten ÖVP-Sumpf, ist stockkonservativ bis reaktionär und übel opportunistisch – das hat mit jugendlichem Geist nichts zu tun.»
Für FDP-Müller ist das Team entscheidend
Für FDP-Ständerat Damian Müller (32, LU), den jüngsten Politiker im Stöckli, ist klar: «Kurz ist überhaupt nicht zu jung. Er hat bereits als Aussenminister diplomatisches Handlungsgeschick bewiesen und sich so das Vertrauen der Bevölkerung erarbeitet.»
Entscheidend sei für ein solches Amt nicht das Alter, sondern «leidenschaftlicher Arbeitswille sowie der Stab, mit dem man zusammenarbeitet». Und würde er sich ein solches Amt selber zutrauen? «Es wäre eine grosse Herausforderung», so Müller. «Aber mit einem guten Team lässt sich eine solche Aufgabe meistern – dann könnte ich es mir auch vorstellen.»
Erfahrung nicht zwingend notwendig, um kompetent zu sein
Ähnlich tönt es bei der jüngsten Nationalrätin, der Grünen Lisa Mazzone (29, GE): «Politisches Geschick ist keine Frage des Alters. Wichtig ist auch ein gutes Umfeld und ein gutes Team», traut sie sich ein Regierungsamt durchaus zu. Erfahrung sei zwar wichtig, «aber sie ist nicht zwingend notwendig, um kompetent zu sein».
An Kurz' Wahlerfolg hat sie aber keine Freude: «Er ebnet der extremen Rechten den Weg, das beunruhigt mich.»
CVP-Romano: «Plötzlich ist man zu alt dafür»
«Lange hört man, man sei zu jung für etwas – und plötzlich ist man zu alt dafür», sagt CVP-Nationalrat Marco Romano (34, TI). Kurz sei bestimmt intelligent genug, ein erfahrenes Regierungsteam um sich herum aufzubauen. «Er hat es in der Hand, dass sein Alter nicht zum Nachteil wird.»
Sich selber würde er ein solches Amt jedenfalls zutrauen. «Wenn ich demokratisch gewählt würde, würde ich das anpacken», so Romano. «Mit einem generationenübergreifenden Team und genügend Respekt vor der Vergangenheit. Ich bin skeptisch gegenüber Jungen, die alles verändern wollen.»
Die CVP stellte übrigens das jüngste Regierungsmitglied der neueren Zeit: Im März 1999 wurde Ruth Metzler im Alter von 34 Jahren in den Bundesrat gewählt. Jünger war nur Numa Droz, der 1875 mit 31 Jahren in die Landesregierung Einsitz nahm.