Jugendverbände gegen Tabak-Schutzalter 18
«Verkaufsverbot gaukelt Schutz vor»

Zigis erst ab 18! So will es der Bundesrat. Bei den Jugendverbänden (SAJV) kommt die Alterslimite aber schlecht an. SAJV-Geschäftsführer Andreas Tschöpe sagt im Interview mit Blick.ch, warum.
Publiziert: 12.11.2015 um 17:32 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 02:43 Uhr
Interview: Ruedi Studer

Um Jugendliche vom Rauchen abzuhalten, will der Bundesrat schweizweit den Verkauf von Zigaretten an Minderjährige verbieten. Gleichzeitig soll ein weitgehendes Werbeverbot dafür sorgen, dass weniger Anreize junge Menschen dazu verleiten, zum Glimmstängel zu greifen.

SAJV-Geschäftsführer Andreas Tschöpe.
Foto: ZVG

SP-Bundesrat Alain Berset will die Jungen vor dem Tabakkonsum schützen. Zufrieden?
Andreas Tschöpe:
Nur teilweise. Wir sind zufrieden damit, dass der Bundesrat den Jugendschutz stark über Werbeverbote angeht. Denn Werbung verführt die Jugendlichen zum Rauchen. Überhaupt nicht einverstanden sind wir aber mit dem Verkaufsverbot an Jugendliche unter 18.

Weshalb?
Ein solches Verkaufsverbot wirkt hinsichtlich des Jugendschutzes kaum. Es gaukelt Schutz vor, doch es bewirkt teilweise gar das Gegenteil: Zigaretten werden durch ein Verbot für Jugendliche erst recht interessant.

Dann braucht es gar kein Schutzalter?
Als alleinige Massnahme nicht. Es macht soweit Sinn, als dass es eine Harmonisierung braucht. Heute haben wir diesbezüglich einen kantonalen Flickenteppich. Im Rahmen des Gesamtpakets wäre uns die Altersgrenze 16 als Kompromiss lieber gewesen. Wir haben aber Mühe damit, dass bei jedem Verbot einfach das Alter immer weiter hinaufgeschraubt wird.

Weniger Rauchen: Gesundheit ist vielen ein grosses Anliegen.
Foto: RDB

Dann wollen Sie die Jugendlichen einfach sich selbst überlassen?
Auf gar keinen Fall. Wir müssen die Prävention stärken. Es braucht mehr Aufklärungs- und Förderprogramme, um den Jugendlichen die Risiken aufzuzeigen. Im Wissen um die Gefahren sollen sie dann selber entscheiden, ob sie diese Risiken eingehen wollen.

Aber ehrlich: Dass Rauchen der Gesundheit schadet, weiss heute doch jeder!
Das Wissen darum ist vielleicht vorhanden. Aber gerade in der Phase der Adoleszenz ist es für Jugendliche manchmal schwierig, sich einem gewissen Gruppendruck zu entziehen. Präventionsprogramme müssen deshalb zum Ziel haben, das Selbstbewusstsein der Jungen zu stärken, anstatt nur den moralischen Zeigefinger zu heben. Sie sollen die Kraft haben, Nein zu sagen – auch wenn Rauchen von andern als «cool» propagiert wird.

Der Bundesrat will Tabak-Werbung in Kino, Zeitungen, Plakaten usw. verbieten. Reicht das?
Wir sind froh, dass er die Werbeverbote weiter fasst, als in der Vernehmlassungsvorlage noch vorgesehen. Es bleiben aber grosse Lücken. So bleibt ausgerechnet Tabakwerbung an grossen Openairs weiterhin möglich. Ein Openair ist für die Jugendlichen ein positiver Anlass, an welchem dann auch Rauchen als «positiv» propagiert wird. Wir sind für ein totales Tabak-Werbeverbot.

Im neuen Parlament dürften gerade die Werbeverbote wieder aufgeweicht werden. Was dann?
Ein Tabakwerbeverbot ist keine Frage von links oder rechts. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass die Vorlage diesbezüglich nicht weiter aufgeweicht wird. Zumindest werden wir uns dafür stark machen.

Und wenn doch? Kommt dann ein Referendum?
Realpolitisch gesehen ist die Vorlage schon besser als vor einem Jahr. Wird das Werbeverbot aber gelockert und bleibt am Schluss praktisch nur noch das Verkaufsverbot als einzige Schutzmassnahme übrig, müssen wir über ein Referendum diskutieren. Sicher nicht im Alleingang, aber vielleicht zusammen mit Jungparteien.

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