«Jüngere können es nicht besser»
SVP-Binder (67) liest seiner Partei die Leviten

Die Abgänge von Bauer Binder und Schreiner Bortoluzzi stellen für die grösste Zürcher Partei eine Zäsur dar. Dass für die beiden wahrscheinlich Akademiker nachrücken, macht Binder Sorgen.
Publiziert: 12.04.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 23:50 Uhr
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Max Binder am Freitag in Illnau ZH.
Foto: Sabine Wunderlin
Von Marcel Odermatt

Sie gelten als Dinosaurier unter den Zürcher SVP-Nationalräten: Max Binder, 67 Jahre alt, Hans Fehr (68) sowie Toni Bortoluzzi, ebenfalls 68. Und gemeinsam haben sie ebenfalls 68 Jahre im Nationalrat auf dem Buckel.

Der Druck von der Basis auf das Trio, seine Sitze zu räumen, wuchs in den letzten Monaten. Und er verfehlt seine Wirkung nicht: Der konzilianteste der drei, der pensionierte Landwirt Binder, hat am Montag seinen Rücktritt angekündigt. Auch Bortoluzzi streicht wohl die Segel (siehe Box).

Die Abgänge von Bauer Binder und Schreiner Bortoluzzi stellen für die grösste Zürcher Partei eine Zäsur dar. Für die beiden rücken wahrscheinlich Akademiker wie der Journalist Roger Köppel (50), der Rechtsprofessor Hans-Ueli Vogt (45) oder die Juristin Barbara Steinemann (39) nach.

Eine Entwicklung, die Binder Sorgen macht: «Ich bin überzeugt, dass 80 Prozent unserer Wähler aus dem Gewerbe und der Landwirtschaft stammen», sagt er, als ihn SonntagsBlick am Freitag in seinem «Stöckli» auf dem Loorenhof in Illnau ZH besucht.

Und die SVP-Abordnung im Nationalrat müsse ihre Hauptwählerschaft abbilden: «Ich habe nichts gegen Akademiker, aber mit einer einseitigen Akademiker-Abordnung im Nationalrat politisiert die SVP an unseren Leuten vorbei.» Und das, so Binder, könne Wähleranteile kosten.

Kein Verständnis hat der Vater von drei erwachsenen Kindern für die Forderung, Ältere sollten per se dem Nachwuchs Platz machen. «Die Jüngeren können es nicht besser, als wir erfahrenen Alten», sagt er. Seine Generation habe sich ihre Position früher genauso erkämpfen müssen. Ausserdem werde der Anteil von älteren Menschen immer grösser – deshalb stimme es auch nicht, dass das Parlament überaltert sei, wie immer wieder behauptet werde. «Im Übrigen setzt sich auch die ältere Generation für eine möglichst gute Zukunft der jungen Generation ein, vielleicht mit mehr Engagement als im umgekehrten Fall», so Binder.

24 Jahre sass der SVP-Mann, der jeden Morgen um sechs Uhr zu einem stündigen Marsch aufbricht, im Nationalrat. In dieser Zeit fand er neue Freunde wie den Sportreporter und SVP-Nationalrat Werner Vetterli (1929–2008), alt Nationalrat Otto Laubacher (71) oder den Berner Bauer Andreas Aebi (56). Weniger gut konnte er es mit Peter Bodenmann (63), dem ehemaligen SP-Chef. «Er wollte mit mir an einer Bar Duzis machen. Aber ich lehnte ab», erinnert sich Binder. Bodenmann habe für die Bauern nur Verachtung übrig gehabt.

Tempi passati. Ein politisches Ziel hat der Ex-Nationalratspräsident noch: «Neben Ernst Schibli muss für mich ein Bauer nachrücken», sagt er. Sein Kandidat ist der Meisterlandwirt und Kantonsrat Martin Haab (52). Damit dieser nach Bern ziehen kann, braucht er einen aussichtsreichen Platz auf der Zürcher SVP-Liste.

Einfach wird das nicht, denn Schibli (62) wäre konsequenterweise vor Haab platziert. Vielleicht schmälert also ausgerechnet ein alter SVP-Haudegen die Chancen, dass Binders letzter Plan aufgeht. Jetzt freut sich seine Frau Ruth (66) auf mehr Zeit, die sie mit ihrem Mann verbringen kann.

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