Johann Schneider-Ammann verletzt Ausstands-Regel bei eigenem Steuerfall
Befangen im Bundesrat

Bundesräte müssen in den Ausstand treten, wenn sie bei einem Geschäft unmittelbare persönliche Interessen haben. Nun zeigen BLICK-Recherchen, dass Bundesrat Johann Schneider-Ammann (FDP) diese Ausstandspflicht verletzt hat.
Publiziert: 14.01.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:57 Uhr
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Trotz persönlichem Interesse: Bundesrat Schneider-Ammann trat bei der Bundesratssitzung nicht in den Ausstand.
Foto: Stefan Bohrer
Von Christoph Lenz

Der Fall ereignete sich am 19. November 2014. Damals verabschiedete der Bundesrat seine Antwort auf einen SP-Vorstoss. Die Sozialdemokraten forderten eine unabhängige Untersuchung der Steuerdeals zwischen der Ammann Holding und der Berner Steuerverwaltung.

Der Vorstoss ist für Schneider-Ammann gefährlich. Seit einem Jahr wird seine politische Tätigkeit von der Aufregung um seine Steuerdeals überschattet. Eine unabhängige Untersuchung könnte diese Affäre neu anfachen. Trotz dieser Brisanz trat der Wirtschaftsminister nicht in den Ausstand, als der Bundesrat seine ablehnende Antwort zum SP-Vorstoss verabschiedete. Schneider-Ammanns Generalsekretariat will den Sachverhalt weder bestätigen noch dementieren. Der Bundesratssprecher erklärt: «Die Beratung im Bundesrat ist nicht öffentlich.» Deshalb könne er keine Informationen liefern.

BLICK weiss: Die Landes­regierung hat den besagten SP-Vorstoss gemeinsam mit anderen Geschäften diskussionslos verabschiedet. Insofern ist nicht davon auszugehen, dass Schneider-Ammann Einfluss auf den Entscheid ausübte. Für Rechtsexperten spielt das keine Rolle. Sie rüffeln den Bundesrat. Benjamin Schindler, Professor für Verwaltungsrecht der Universität St. Gallen, sagt: «Die von der SP geforderte Untersuchung könnte dem Ruf von Schneider-Ammann schaden. Der Vorstoss hätte separat behandelt werden sollen, und Schneider-Ammann hätte in den Ausstand treten müssen.» Judith Wyttenbach, Staatsrechtsprofessorin an der Universität Bern, pflichtet bei: «Es wäre opportun gewesen, dass Schneider-Ammann in den Ausstand tritt.»

Die Pflichtverletzung hat wohl keine juristischen Konsequenzen. Politisch könnte der Fall aber durchaus Folgen haben. Mitglieder der Geschäftsprüfungskommission (GPK), die den Bundesrat überwacht, wollen die Sache näher anschauen.

«Das muss diskutiert werden», sagt GPK-Präsident Rudolf Joder (SVP). Wiederholt hat die GPK die Sitzungskultur des Bundesrats kritisiert, etwa wegen mangelhafter Protokolle. Joder sieht diese Kritik nun bestätigt. Sein Urteil: «Die Landesregierung hat eine falsche Einschätzung davon, was ein korrekter Sitzungsablauf ist.»

Auch SP-Nationalrätin und GPK-Vizepräsidentin Yvonne Feri will die Ausstandsfrage thematisieren. Im Wettinger Gemeinderat, dem sie auch angehört, sei man äusserst vorsichtig bei Interessenskonflikten. «Vom Bundesrat erwarte ich mindestens dieselbe Sensibilität.»

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