Marco Chiesa (45, TI), neuer Präsident der SVP, ist nicht zu beneiden. In einer Woche dürfte das Stimmvolk, so die Umfragen stimmen, die Begrenzungs-Initiative der SVP deutlich verwerfen. Der Konflikt um die Umsetzung der Initiative gegen Masseneinwanderung fände ein spätes Ende.
Was folgt dann für die SVP? Der Kampf gegen das Institutionelle Rahmenabkommen (InstA). Doch hält Bundesrätin Karin Keller-Sutter (56, FDP) durch eine Allianz der Sozialpartner die SVP geschickt in Schach.
Bis gestern Samstag. In der «NZZ» meldete sich ausgerechnet Keller-Sutters Vorgänger, alt Bundesrat Johann Schneider-Ammann (68, FDP), zu Wort. Der Beitrag birgt Zündstoff. «JSA» ruft nicht nur die problematischen Punkte des Abkommens in Erinnerung – den ewigen Dreiklang aus Lohnschutz, Unionsbürgerrichtlinie und staatlichen Beihilfen. Er erklärt den Rahmenvertrag zur Gefahr für die Schweizer Souveränität. Die dynamische Rechtsübernahme, die Ausweitung der Guillotine-Klausel, die Rolle des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im Schiedsgerichtsverfahren: «Diese Punkte sind meines Erachtens souveränitätspolitisch heikel», so der Ex-Magistrat.
Nicht die Argumentation überrascht, sondern der Absender. Schneider-Ammann war es, damals noch Wirtschaftsminister, der im Sommer 2018 auf den Diskussionsabbruch der Gewerkschaften entgeistert reagierte, die ihrerseits den Europäischen Gerichtshof als Gefahr ansahen.
Eines ist absehbar: SVP-Chef Chiesa wird diese Einschätzung des Freisinnigen genüsslich vor sich hertragen.
Und er wird an die polemische Pointe von Schneider-Ammanns Text erinnern. Denn wie beendet der alt Bundesrat seinen Artikel in der «NZZ»? «Wir brauchen der EU nicht beizutreten und müssen auch nicht mit einem unausgewogenen InstA darauf vorbereitet werden.»
Der Rahmenvertrag als Vorspiel eines EU-Beitritts. Schneider-Ammann verpasst dem InstA einen Stempel, an dem der aktuelle Bundesrat noch schwer zu tragen haben wird.