Jetzt will auch Bosnien-Herzegowina in die EU
Yes, we Balkan!

Langjährige Mitglieder wie Grossbritannien denken über einen Ausstieg nach – nicht so Bosnien-Herzegowina. Trotz Flüchtlingskrise und Griechenlandpleite will das Land der Europäischen Union beitreten.
Publiziert: 15.02.2016 um 20:17 Uhr
|
Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:51 Uhr
1/5
Bosniens Präsident Dragan Covic (l.) und der niederländische Aussenminister Bert Koenders bei der Übergabe des EU-Beitrittsgesuchs.
Foto: Anadolu Agency
Jessica von Duehren

Erst die Griechenlandpleite, dann die Flüchtlingswelle: Die Europäische Union steckt in einer Krise. Während langjährige Mitglieder wie Grossbritannien über einen Ausstieg nachdenken, will ein Land ausgerechnet jetzt Teil der Gemeinschaft werden: Bosnien-Herzegowina. Gestern beantragte Präsident Dragan Covic offiziell die EU-Mitgliedschaft in Brüssel.

Neben dem Kosovo war Bosnien bislang das einzige Land in der westlichen Balkanregion, das sich noch nicht beworben hatte. Ein erstes Beitrittsgesuch war 2008 wegen interner Streitigkeiten unter Serben, Bosniaken und Kroaten aufgeschoben worden.

«Das ist ein erster grosser Schritt», sagt Boro Bronza (42), Botschafter von Bosnien-Herzegowina, in Bern. Hauptgrund für den späten Antrag ist der anhaltende Streit zwischen Politikern der drei grössten Volksgruppen. Neben den Dauerspannungen zwischen den muslimischen Bosniaken, katholischen Kroaten und orthodoxen Serben sorgt auch die zu Bosnien gehörende Republik Srpska immer wieder für Ärger. Deren Präsident Milorad Dodik steht seit Jahren für ein Zusammengehen der Teilrepublik mit Nachbar Serbien ein.

Durch die Bewerbung sei im Land der Optimismus ausgebrochen, erklärt Bronza: «Jetzt passiert etwas. Die Politiker müssen sich bewegen und der Korruption den Kampf ansagen.» Mit der Bewerbung muss die Regierung auch das sogenannte Questionnaire beantworten, eine Liste mit 2500 Fragen zum Zustand der Adminis­tration. Damit werden die EU-Verträglichkeit des Landes geprüft und mögliche Missstände aufgedeckt. Neben der Korrup­tion ist die Armut in Bosnien ein grosses Problem: Die Wirtschaft stagniert, die Arbeitslosenquote liegt bei 30 Prozent. Das monatliche Durchschnittseinkommen beträgt 420 Euro.

«Die EU-Bewerbung gibt den Bürgern Hoffnung», sagt Bronza. Dass der Wandel nicht von heute auf morgen stattfinden kann, weiss der Botschafter: «Es wird ein harter Weg, der sicher mindestens zehn Jahre dauern wird. Die jetzige Situation in der EU macht es nicht leichter, aber der Grossteil der Bevölkerung ist für den Beitritt.»

Trotzdem ist Bronza der Meinung, dass Bosnien mehr als bereit für die Bewerbung sei, selbst wenn der Vielvölkerstaat noch nicht alle EU-Standards erfülle. «Andere Staaten, zum Beispiel Griechenland, erfüllen die momentan auch nicht. Trotzdem sind sie Mitglied in der Gemeinschaft.»

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?