Es war ein langer Tag für die neuen und alten SVP-Politiker. Fünf Stunden lang diskutierte die über 80 Köpfe starke Fraktion, wer BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf beerben soll. Hunger und Durst waren für manche die ärgsten Feinde.
Am Ende setzte sich die Parteileitung durch. Drei Männer, einer aus jedem Landesteil, werden der Bundesversammlung vorgeschlagen. Thomas Aeschi aus Zug, Guy Parmelin aus der Waadt oder Norman Gobbi aus dem Tessin sollen am 9. Dezember in die Landesregierung gewählt werden.
Fraktionschef Adrian Amstutz wurde nicht müde zu betonen, wie sehr sich die SVP damit um den nationalen Zusammenhalt kümmere und dem Parlament eine gute Auswahl biete. So versuchte er wohl die sich abzeichnende Kritik zu kontern, dass die SVP schlicht den jungen Aeschi durchboxen wolle.
Tatsächlich glaubt etwa BDP-Chef Martin Landolt, dass das Dreierticket «aus Sicht des Absenders ein Einerticket ist». Der Glarner stellt aber klar, dass er die Vorschläge wirklich als Auswahl ansehe. Ob er einen der drei wähle, lässt er offen.
Aeschi ist mit seinen 36 Jahren auch für einen Nationalrat jung, vernetzte sich aber in seinen vier ersten Jahren im Bundeshaus bestens. Besonders bei Partei-Übervater Christoph Blocher steht er hoch im Kurs.
Der Schnellsprecher übernahm nämlich das Sekretariat seiner Anti-EU-Truppe. Öffentlich äussert sich der Zuger primär zu Finanzthemen, doch ein Blick auf die Politplattform Smartvote verrät, dass er in Sachen Zuwanderung und Migration eine knallharte Linie vertritt. Landolt bezeichnet ihn denn auch als «Zauberlehrling» Blochers.
Doch der blitzgescheite Aeschi eckt im Parlament auch an. Manchen tritt er zu forsch auf, seine unzähligen Anträge in den Kommissionen gehen vielen auf die Nerven, anderen ist er schlicht zu jung und unerfahren. Hinzu kommt, dass er zu BLICK sagt, er wünsche sich «in Zukunft» einen SVP-Bundesrat aus der Romandie oder dem Tessin. Norman Gobbi aber ist für viele eine Blackbox, weil er in Bern vielen unbekannt ist. Und selbst SVPler bemängeln, dass der Lega-Staatsrat erst seit ein paar Tagen Parteimitglied ist.
Durch die Konstellation dürfte Guy Parmelin plötzlich durchaus realistische Wahlchancen haben. Und das, obwohl mit Alain Berset (SP) und Didier Burkhalter (FDP) bereits zwei Romands im Bundesrat sitzen.
Parmelin gilt als gmögig, politisch dürfte er etwas konsensfähiger als Aeschi sein – und auch etwas langweiliger. Doch das muss kein Nachteil sein. Der Konkurrenz wäre es nur recht, hätte die Volkspartei einen zurückhaltenden Bundesrat. Dazu kommt, dass SP und CVP einen Kandidaten aus der Westschweiz gefordert hatten.
Doch nun hüllen sich die Parteien in Schweigen. Die SP hat noch nicht einmal entschieden, ob sie die rechten Politiker überhaupt zu Hearings einlädt.
Die CVP wird sich die Kandidaten anhören. Nationalrat Martin Candinas bedauert, dass es sein Bündner Kollege Heinz Brand nicht aufs Ticket geschafft hat, und glaubt, dass das Rennen zwischen Parmelin und Aeschi entschieden wird: «Wir werden in zwei Wochen alle Kandidaten anhören. Dann entscheide ich, wer am wählbarsten ist.»
Die anstehenden Hearings dürften tatsächlich eine wichtige Rolle spielen. Denn unter den Kandidaten trifft bislang keiner auf vorbehaltlose Zustimmung.
Doch das muss die SVP nicht kümmern. Alles andere als ein zweiter Bundesratssitz für sie wäre eine grosse Überraschung. Ein Sprengkandidat aus der Mitte ist nicht in Sicht – und die gestern unterlegenen Kandidaten mussten offenbar beschwören, eine allfällige Wahl nicht anzunehmen. Sonst droht ihnen der Parteiausschluss.
Beruf: Unternehmensberater
Alter: 36 Jahre
Wohnort: Baar ZG
Politische Erfahrung: 2 Jahre Kantonsrat, 4 Jahre Nationalrat
Dossier: Finanzpolitik
Eigenschaften: Gilt als SVP-Zauberlehrling – fleissig, forsch, ehrgeizig und sehr erfolgreich. In den letzten Jahren hat er die Gunst von Christoph Blocher gewonnen. Jedoch sagen zahlreiche Politiker, es mangle Aeschi an Fingerspitzengefühl. Zudem erscheint der Lebenserfahrungs-Rucksack des Harvard-Absolventen und Ökonomen noch etwas gar leicht.
BLICK-Prognose: 45 Prozent
Beruf: Unternehmensberater
Alter: 36 Jahre
Wohnort: Baar ZG
Politische Erfahrung: 2 Jahre Kantonsrat, 4 Jahre Nationalrat
Dossier: Finanzpolitik
Eigenschaften: Gilt als SVP-Zauberlehrling – fleissig, forsch, ehrgeizig und sehr erfolgreich. In den letzten Jahren hat er die Gunst von Christoph Blocher gewonnen. Jedoch sagen zahlreiche Politiker, es mangle Aeschi an Fingerspitzengefühl. Zudem erscheint der Lebenserfahrungs-Rucksack des Harvard-Absolventen und Ökonomen noch etwas gar leicht.
BLICK-Prognose: 45 Prozent
Beruf: Staatsrat (Kantonsregierung)
Alter: 38 Jahre
Wohnort: Quinto TI
Politische Erfahrung: Unter anderem 1 Jahr Nationalrat, 4 Jahre Staatsrat
Dossier: Europapolitik
Eigenschaften: Geschickter Politiker, der das Tessin immer wieder durch Provokationen in die nationalen Schlagzeilen brachte. Allerdings leistete er sich auch zahlreiche Entgleisungen. So in einem Eishockeystadion, als er bei der Aktion eines dunkelhäutigen Spielers gut hörbar rief: «Jetzt kommt der Neger!»
BLICK-Prognose: 15 Prozent
Beruf: Staatsrat (Kantonsregierung)
Alter: 38 Jahre
Wohnort: Quinto TI
Politische Erfahrung: Unter anderem 1 Jahr Nationalrat, 4 Jahre Staatsrat
Dossier: Europapolitik
Eigenschaften: Geschickter Politiker, der das Tessin immer wieder durch Provokationen in die nationalen Schlagzeilen brachte. Allerdings leistete er sich auch zahlreiche Entgleisungen. So in einem Eishockeystadion, als er bei der Aktion eines dunkelhäutigen Spielers gut hörbar rief: «Jetzt kommt der Neger!»
BLICK-Prognose: 15 Prozent
Beruf: Weinbauer
Alter: 56 Jahre
Wohnort: Bursins VD
Politische Erfahrung: Unter anderem 12 Jahre im Nationalrat
Dossier: Landwirtschaftspolitik
Eigenschaften: Wird als zugänglicher, linientreuer SVP-Vertreter beschrieben. Geniesst Sympathien auch bei Linken. Konnte sich bisher national nicht profilieren.
BLICK-Prognose: 40 Prozent
Beruf: Weinbauer
Alter: 56 Jahre
Wohnort: Bursins VD
Politische Erfahrung: Unter anderem 12 Jahre im Nationalrat
Dossier: Landwirtschaftspolitik
Eigenschaften: Wird als zugänglicher, linientreuer SVP-Vertreter beschrieben. Geniesst Sympathien auch bei Linken. Konnte sich bisher national nicht profilieren.
BLICK-Prognose: 40 Prozent