Islamischer Staat hat Sogwirkung verloren
Fast keine Reisen mehr ins IS-Kalifat

Jahrelang galt eine Zahl als Mass für die wachsende Bedrohung durch den islamistischen Terror: Die sorgsam geführte Statistik, wie viele Radikalisierte aus Deutschland sich auf den Weg in den Dschihad machten. Jetzt ist deren Zahl drastisch gesunken.
Publiziert: 17.11.2016 um 12:37 Uhr
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Aktualisiert: 11.10.2018 um 12:00 Uhr
Der ehemalige Rapper Denis Cuspert aka Deso Dogg konvertierte zum Islam und reiste auch in den Dschihad. Er war an Kriegsverbrechen des IS beteiligt. Unklar ist, ob er überhaupt noch am Leben ist: Die US-Streitkräfte meldeten, sie hätten ihn bei einem gezielten Drohnen-Angriff getötet.
Foto: DPA

Mehr als 840 Personen aus Deutschland reisten bisher in den «Heiligen Krieg». die meisten reisten zum sogenannten Islamischen Staat nach Syrien oder in den Irak.

Doch das IS-Kalifat hat massiv an Wirkung eingebüsst, wie eine Studie zeigt, die das deutsche Bundeskriminalamt und der Verfassungsschutz in Zusammenarbeit mit dem Hessischen Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus verfasst haben. Es sei die bisher umfassendste Vermessung der deutschen Dschihad-Szene und sie komme zu gleich zwei überraschenden Feststellungen, wie die «Tagesschau» der ARD gestern meldete: Die Ausreisen zum IS sind eher ein Phänomen der Vergangenheit, sie seien «nahezu zum Erliegen gekommen», heisst es in der als Verschlusssache eingestuften Studie. Nur warum dies so sei, lasse sich nicht mit Sicherheit sagen.

784 Fälle untersucht

Insgesamt haben die Autoren der Studie die Radikalisierung von 784 Personen untersucht. 79 Prozent von ihnen sind Männer, mehr als 60 Prozent wurden bereits in Deutschland geboren. Auffällig oft spielte bei der Radikalisierung eine Verbindung zu Koran-Verteilaktionen eine Rolle. Den Verein «Die wahre Religion», der dies vorrangig betrieb, liess das deutsche Innenministerium diese Woche verbieten. In der Schweiz führt die Bundesanwaltschaft mehrere Verfahren gegen Exponenten dieses Vereins.

Laut der Studie machten sich 2014 – dem Hoch der Ausreisen – in manchen Monaten bis gegen 100 Personen aus Deutschland auf den Weg in die Region, aber zwischen Juli 2015 und Juni 2016 waren es durchschnittlich weniger als fünf pro Monat. (hlm)

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