Das Image der Schweiz im Ausland ist den bürgerlichen Politikern wichtig. Wie Schwingerkönige rangen sie vergangene Woche darum, dass das Weltwirtschaftsforum (WEF) nicht nach Singapur übersiedelt. Allerdings erfolglos, denn den internationalen Managern war die Gefahr zu gross, sich im Corona-Hotspot Schweiz anzustecken.
FDP-Ständerat Andrea Caroni (40) macht sich dennoch keine Sorgen über einen langfristigen Imageschaden, der der Schweiz wegen der anhaltend hohen Ansteckungs- und Todeszahlen entstehen könnte. «Man hat seit Beginn der Pandemie gesehen, wie schnell sich solche Ranglisten ändern. Das ist wie bei der Single-Hitparade», sagt Caroni gegenüber dem «Tages-Anzeiger».
Ohnehin sei der wichtigste Wert nicht die Zahl der verstorbenen Menschen, sondern jene der verlorenen Lebensjahre – wobei auch davon jedes ein Verlust sei.
Hohes Alter der Covid-Toten
Die Mehrheit der Covid-Toten in der Schweiz ist über 80 Jahre alt. Die Hälfte überschritt zum Zeitpunkt des Todes gar das 86. Lebensjahr. «Bei allem Respekt vor jedem Todesfall: Ich wäre froh, ich würde das durchschnittliche Alter der Corona-Toten erreichen», sagt Caroni im «Tages-Anzeiger».
Eine Aussage, die bei den Angehörigen und Freunden der über 5000 Verstorbenen auf Unverständnis stossen dürfte. Der Jurist findet seine Äusserungen jedoch nicht pietätlos. «Ich habe stets den Respekt gegenüber den Toten betont», sagt Caroni. Und er verteidigte sich gegenüber BLICK: «Ich wollte lediglich darauf hinweisen, dass die meisten Verstorbenen weit über 80 Jahre alt waren und damit meine eigene Lebenserwartung bereits überschritten hatten.»
Der Hitparaden-Vergleich habe sich zudem einzig auf die Infektionszahlen und deren stark schwankende internationale Rangliste bezogen. «Unsere aktuelle Position auf diesen Ranglisten werden unserem Image nicht nachhaltig schaden. Das war meine Aussage.» Diese Rangliste ändere laufend, und die Erinnerung an frühere Rangierungen verblasse mit der Zeit.
FDP setzt auf Eigenverantwortung
Gar «fassungslos» zeigt sich derweil Caronis Partei, die FDP. Nicht wegen der vielen Toten, sondern vielmehr ob des Massnahmenpakets des Bundesrats. Die geplanten nationalen Verschärfungen, wie etwa die Schliessungen der Restaurants ab 19 Uhr oder die Fünf-Personen-Grenze für private Treffen, seien «nicht akzeptabel», schreiben die Freisinnigen in einem offenen Brief.
Die Partei setzt die kurzfristigen Interessen der Wirtschaft offenbar über alles (was die FDP vehement bestreitet). «Unsere Freiheit muss auf die gleiche Weise geschützt werden wie unsere physische und psychische Gesundheit.» Deshalb lehne die FDP die Umsetzung der «neuen und planlosen Regeln» ab. Der Bundesrat dürfe erst dann eingreifen, wenn die kantonalen Massnahmen keine Wirkung zeigten. Bis dahin dürfte die Pandemie allerdings Hunderte weitere Menschenleben gekostet haben. (til)