Irrer Streit um pflanzlichen Einwanderer
Wie gefährlich ist dieses Blüemli?

In Wetzikon ZH ist ein Zuwanderungsstreit der anderen Art entbrannt: Im Kampf gegen das Einjährige Berufkraut – ein sich schnell vermehrendes Blüemli – fordert ein BDP-Politiker nun staatliche Hilfe.
Publiziert: 27.07.2019 um 11:11 Uhr
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Das Einjährige Berufkraut sorgt in Wetzikon ZH für einen Streit. Denn es breitet sich immer mehr aus.
Foto: getty images

Es ist ein zartes, weiss-gelbes Blüemli, der Kamille und dem Margritli nicht unähnlich. Doch in Wetzikon ZH sorgt das Einjährige Berufkraut für ordentlich Aufregung. BDP-Gemeinderat Elmar Weilenmann (66) fordert staatliche Hilfe, um das Pflänzlein auszurotten.

Denn das Berufkraut ist hier nicht heimisch, breitet sich aber immer mehr aus. Ursprünglich im 17. Jahrhundert als Zierpflanze aus Nordamerika eingeführt, besiedelte das Einjährige Berufkraut seit vielen Jahren Schuttplätze und Ödland. Doch seit einiger Zeit findet es sich auch auf Magerwiesen und Weiden – wo es einheimische Arten verdrängen könnte, wie Experten warnen.

«Ein ärgerlicher Zeitgenosse»

Der höchste Schweizer Bauer bestätigt die Probleme mit dem Zuwanderer: «Auch mir ist in den letzten Jahren aufgefallen, dass sich die Pflanze rasant verbreitet, besonders auf extensiven Flächen wie Öko-Wiesen», sagt Bauernpräsident Markus Ritter (52). Das Einjährige Berufkraut sei «ein ärgerlicher Zeitgenosse», sagt der St. Galler CVP-Nationalrat. Zwar ungiftig, aber auch nicht von Nutzen, denn die Tiere würden es nicht fressen. Es sei daher richtig, dass die Ausbreitung bekämpft werde. «Allerdings ist das nicht ganz einfach.»

Das musste auch der Wetziker BDP-Gemeinderat Weilenmann erfahren: Er habe Stunden fürs Ausreissen der Berufkräuter aufgewendet, es sei ein hoffnungsloses Unterfangen. «Es verbreitet sich in alarmierender Weise», warnt er. Darum schlägt er vor, dass von den Gemeinden nun beispielsweise Taglöhner für diese Arbeit eingestellt werden.

Neu wäre das nicht: In Gossau ZH und Bubikon ZH hilft die Gemeinde aus, wenn ein Wiesenbesitzer überfordert ist. Dann rücken Zivildienstler dem Berufkraut zu Leibe.

Bauern droht Subventionskürzung

Laut Gesetz sind die Bauern eigentlich dazu verpflichtet, das Berufkraut zu bekämpfen. Ansonsten droht ihnen eine Kürzung der Subventionen, wie das Bundesamt für Landwirtschaft auf Anfrage von BLICK bestätigt.

Für eine Fläche, auf der derart invasive Neophyten wie das Einjährige Berufkraut vorkommen, gebe es keine Direktzahlungen mehr. Und diese schenken ein: Pro Hektare werden im Durchschnitt 2800 Franken ausgerichtet. Allerdings schränkt das Amt ein, dass in den meisten Fällen nicht ganze Hektaren von invasiven Neophyten besiedelt sein dürften.

«Die Bauern sollten sich wehren»

Von «Hexenjagd» und «Fanatismus» hingegen spricht Umweltwissenschaftler Dominik Scheibler (35, EVP), der wie Weilenmann im Wetziker Gemeinderat sitzt. In einem scharfen Kommentar auf www.zueriost.ch kritisiert er, dass die Pflanze als böse und aggressiv dargestellt werde. Dass das Berufkraut im grossen Stil einheimische Pflanzen verdränge, sei ein «Ammenmärchen».

Dass den Bauern die Kürzung der Direktzahlungen drohe, sei Verhältnisblödsinn. «Die Bauern sollten sich rechtlich wehren», so Scheibler. So weit will Bauernpräsident Ritter nicht gehen. Angesichts der vielen Unkräuter, die die Landwirtschaft bekämpfen müsse, sagt er jedoch: «Wenn wir bei jeder Pflanze die Direktzahlungen kürzen wollen, dürfte der Kontrollaufwand bald nicht mehr finanzierbar sein.»

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