Sportministerin Viola Amherd (58) schlägt Alarm: Die Schweiz droht, den Sitz zahlreicher internationaler Sportverbände zu verlieren. Grund ist einmal mehr die Corona-Krise. Diese habe gerade kleinere und mittelgrosse Organisationen in eine schwierige Lage gebracht. Wegen des Virus können derzeit keine Olympischen Spiele, keine Weltmeisterschaften und auch sonst kaum Turniere stattfinden. Damit fällt eine wichtige Einnahmequelle weg.
Neben dem Weltfussballverband Fifa, dem europäischen Pendant Uefa oder dem Internationalen Olympischen Komitee IOK sind rund 60 internationale Sportverbände in der Schweiz angesiedelt. Ihre finanzielle Situation sei angespannt, einigen drohe die Zahlungsunfähigkeit. «Es besteht die Gefahr, dass sie aus Kostengründen die Schweiz verlassen», so Amherd auf eine Anfrage der grünen Fraktionschefin Aline Trede (36, BE).
Verlust von Arbeitsplätzen verhindern
Das will die CVP-Bundesrätin unbedingt verhindern. Nicht zuletzt, weil dies «für die betroffenen Standorte mit einem erheblichen Verlust von Arbeitsplätzen einhergehen» würde. Bis heute hätten alleine im Kanton Waadt rund 20 Verbände Kurzarbeitsentschädigung beantragt. Weitere dürften folgen.
Nachdem der Bundesrat bereits ein 500-Millionen-Hilfspaket für den Schweizer Profi- und Breitensport geschnürt hat, will er deshalb auch den internationalen Verbänden unter die Arme greifen. Dazu prüft er die Gewährung von rückzahlbaren Darlehen. Die drei finanzstärksten Organisationen Fifa, Uefa und IOK sollen aber nichts bekommen.
Noch ist sogar unklar, wie viel Geld fliessen soll
Wie viel Geld Amherd sprechen will, ist allerdings noch völlig unklar. Gerüchtehalber ist von nochmals 50 Millionen Franken die Rede. Amherd muss im Parlament mit einigem Widerstand rechnen. Politiker von links bis rechts kritisieren «fehlende Transparenz» und sind generell skeptisch gegenüber dem Hilfspaket. «Wozu diese Verbände noch so viel Geld brauchen und welche Verbände betroffen sind, ist völlig unklar», sagt beispielsweise Trede. «Das ist alles etwas undurchsichtig.»
Auch SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel (54, SG) ist misstrauisch. «Aktionen wie diese vermitteln den Eindruck, dass die Verbände wegen solcher ‹Goodies› bei uns seien. Das ist aber nicht der Fall.» Vielmehr seien die Verbände hier, weil die Schweiz ein funktionierender Rechtsstaat sei, sicher, mit guter Infrastruktur und hoher Lebensqualität.
Parlamentarier teilen Angst nicht
Weder Trede noch Büchel befürchten, dass die internationalen Sportverbände die Schweiz scharenweise verlassen könnten. «Sie sind bei uns steuerbefreit und werden besser behandelt als jede private Firma», sagt Büchel. «Wem das nicht genügt, darf sich gern nach einem neuen Standort umsehen.»
Trede weist zudem darauf hin, dass der Steuerzahler mehrere Verbände bereits über Kurzarbeitsentschädigungen unterstütze. Und Ratskollege Büchel ergänzt, dass sich der jeweilige Standortkanton ausserdem zwingend an der finanziellen Hilfe beteiligen müsse. So sieht es der Bundesrat vor. «Da dürfte sich die Freude in einzelnen Fällen in Grenzen halten», ist er überzeugt.