Zehn Prozent der Schweizer Bevölkerung müssen ihre Steuern abstottern, weil das Geld fehlt. Das könnte man verhindern. In den meisten Ländern werden die Steuern direkt vom Einkommen abgezogen. Macht man in der Steuererklärung dann Abzüge geltend, kann man Zuviel-Bezahltes retour fordern.
Freiwilliger Direktabzug
SP-Nationalrat Emmanuel Amoos (42) will das nun auch bei uns einführen und fordert in einem Vorstoss, dass die Steuern in Zukunft direkt vom Lohn abgezogen werden – aber nur, wenn der Arbeitnehmer das auch will. «Wichtig ist, dass, wer seine Steuern weiterhin selber bezahlen möchte, das tun kann», so Amoos.
Bekämpft werden sollen damit in erster Linie Steuerschulden. Doch auch für den Staat bedeutet das heutige System erst einmal Mindereinnahmen.
Arbeitgeber in der Pflicht
Amoos schlägt vor, dass die Arbeitgeber die Steuern direkt vom Lohn abziehen müssen. «Inspiration für diese Lösung ist die Quellensteuer für Ausländer», erklärt Amoos. Für diese muss der Arbeitgeber die Steuer bereits abrechnen.
Das bedeutet aber zusätzlichen Aufwand für Arbeitgeber, gerade für Kleinbetriebe, deren Informatik-Infrastruktur nicht dafür vorbereitet ist. Der Bund soll deshalb prüfen, ob man Betriebe entschädigen oder unterstützen soll, wenn man eine solche Pflicht einführt.
Nicht das erste Mal
Die Idee, dass man die Steuern direkt vom Lohn abziehen soll, ist nicht neu. Immer wieder stimmt ihr auch das Parlament zu. Zuletzt forderte 2014 die damalige SP-Nationalrätin Margaret Kiener Nellen (69) einen solchen Direktabzug, den die Kantone selbstständig einführen könnten.
Der Bundesrat bemängelte, dass Menschen nicht immer im gleichen Kanton wohnen würden, in dem sie arbeiten und dass so Komplikationen entstehen würden. Zudem sah er keine Garantie, dass der Vorschlag so gegen Steuerschulden helfen würde.
Gutachten liefert Grundlage
Der Zürcher Ökonom Ernst Fehr (66) unterstützte 2016 mit einem Gutachten die Idee. Mit einem freiwilligen Direktabzug würden die Steuerschulden sinken: Gerade Einsteigern oder Leuten, die plötzlich mehr Geld verdienten, sei nicht klar, was das steuerlich bedeute, erläuterte er unter anderem.
Amoos hat sich direkt an der Studie orientiert: Steuerabzug zwar direkt, aber freiwillig und mit Entschädigung für den Aufwand. Das Kalkül scheint aufzugehen, er konnte über die Parteigrenzen hinaus punkten.
Breite Unterstützung
85 Nationalräte und Nationalrätinnen von Grünen-Präsidenten Balthasar Glättli (50) bis zum Walliser SVP-Nationalrat Michael Graber (41) haben sein Anliegen mitunterzeichnet. Die Ausgangslage ist also besser als bei den letzten Anläufen.
«Man kann viel Marketing machen mit Vorstössen», sagt Amoos. Aber: «Mir ist es wichtig, dass ich, bevor ich etwas einreiche, weiss, ob die Idee bei den anderen Parteien auf Unterstützung zählen kann.» Nur dann könne man wirklich etwas ändern.
Am Montag wird die zuständige Kommission des Nationalrates über den Vorstoss diskutieren.