«Inländervorrang light»-Architekt Kurt Fluri (FDP)
Der Groll der SVP ist ihm gewiss

Der Kompromiss zur Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative steht. Eine entscheidende Rolle spielte dabei der Solothurner FDP-Nationalrat Kurt Fluri. Er legt sich nicht zum ersten Mal mit der SVP an.
Publiziert: 05.09.2016 um 16:12 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 05:05 Uhr
Haben das Heu nicht auf derselben Bühne: Kurt Fluri (FDP, links) und Gregor Rutz (SVP, rechts) letzten Freitag in Bern.
Foto: Keystone
Ruedi Studer

Eigentlich wirkt er eher wie ein grauer Beamter. Keiner, der gerne im Scheinwerferlicht steht. Doch jetzt wird er geradezu hell umflutet: Kurt Fluri (61), FDP-Nationalrat, Stadtpräsident von Solothurn – und Architekt des «Inländervorrangs light», wie der Umsetzungsvorschlag zur Masseneinwanderungs-Initiative genannt wird.

In der Staatspolitischen Kommission (SPK) hat er als Leader der FDP-Delegation den parteiübergreifenden Kompromiss eingefädelt. Immer mit einer klaren Zielsetzung vor Augen: «Die bilateralen Verträge dürfen nicht gefährdet werden, das war die Richtschnur unseres Handelns», sagt Fluri zu BLICK. Damit ist für ihn klar: «Höchstzahlen und Kontingente kommen nicht in Frage. Sie würden die Personenfreizügigkeit und die Bilateralen und damit die gesamtwirtschaftlichen Interessen gefährden.»

FDP-Nationalrat Kurt Fluri präsentierte letzte Woche den Lösungsvorschlag der Staatspolitischen Kommission.
Foto: KEY

Fluri und der SVP-Groll

Mit dieser Haltung zieht der Solothurner den Groll der SVP auf sich, die sich über die «Angsthasenpartei» FDP mokiert. Doch Fluri ist sich Anfeindungen der SVP gewohnt. Bei der Umsetzung der Ausschaffungs-Initiative brachte er in der nationalrätlichen SPK die Härtefallregelung des Ständerats auf Kurs.

Und mit der neuen Anti-Völkerrechts-Initiative ist bereits der nächste Konflikt mit der SVP programmiert. Auch hier wird studierte Jurist dagegen halten. Rechtsstaatlichkeit ist Fluri wichtig. «Das Völkerrecht geht vor. Dieses schützt gerade auch kleinere Staaten wie die Schweiz. Es darf nicht sein, dass einfach das Recht des Stärkeren gilt.»

Die SVP muss sich also warm anziehen. Denn so spröde Fluri gegen aussen auch wirken, er wird über die Parteigrenzen hinweg respektiert. Seine Dossiers hat er im Griff. Und er  ist keiner, der bei Widerstand gleich zum Rückzug bläst. Bei manchen gilt er schlicht als stur – was Fluri selbst zu «grundsatztreu» umdefiniert.

Fluris grösste Niederlage 

Doch während sich Fluri nun über seinen Erfolg freut, musste er auch schon gewichtige Niederlagen einstecken. Seine grösste datiert von 2011. Damals wollte er, seit 2003 Nationalrat, in den Ständerat wechseln. Doch das Wahlvolk verweigerte ihm den Sitz im Stöckli.

Stattdessen zog CVP-Mann Pirmin Bischof in die Kleine Kammer ein, die Solothurner FDP war erstmals nicht mehr im Ständerat vertreten. «Das war für mich eine grosse Enttäuschung», räumt Fluri ein. Bischof sei «ein fairer Gegner» gewesen, blickt Fluri zurück, «die parteiinternen Intrigen haben mir mehr zu schaffen gemacht».

Bischof begegnet er auch heute noch regelmässig. Nicht nur in Bern, sondern auch in Solothurn. Bischof politisiert dort immer noch als Gemeinderat, Fluri ist seit 1993 Stadtpräsident.

Noch einmal Stadtpräsident

Fluri tritt nächstes Jahr für eine weitere – seine letzte – Legislaturperiode an. «Persönlich wollte ich eigentlich aufhören, doch die FDP hat mich um eine erneute Kandidatur gebeten», erklärt Fluri.

Nun tritt er im Wissen darum an, «dass meine lange Amtszeit einen möglichen Angriffspunkt darstellt». Im Wissen darum, dass die SP möglicherweise eine Herausforderin stellen wird. Im Wissen darum, dass damit durchaus ein Abwahlrisiko besteht. Und im Wissen darum, dass bei einer Wiederwahl weiterhin wenig Zeit für Familie und Hobbys bleibt.

Fünffacher Vater

Fluri ist nämlich Vater von fünf Kindern im Alter zwischen 11 bis 19 Jahre – und dabei gleich zweimal von Zwillingen! «Es stimmt, ich habe nicht viel Zeit für die Kinder», sagt er offen. Sein Arbeitstag dauert in der Regel von 8 Uhr morgens bis 23 Uhr abends – oder noch länger. «Ich mache meinen Kindern aber möglichst jeden Tag das Zmorge und die Znünischnitten parat. Und der Sonntag für die Familie reserviert.»

Für Hobbys bleibt neben Politik und Familie praktisch gar keine Zeit, obwohl Fluri auf seiner Homepage «Wandern, Reisen, Lesen» als solche angibt, wobei Geschichtsbücher zu seiner Lieblingslektüre zählen. Allerdings betont Fluri, der als 18-Jähriger eine Ortssektion der jungliberalen Bewegung gründete, sei für ihn Politik «Beruf und Hobby zugleich. Ich habe sehr viel Spass daran.»

Fluris Ämtlisammlung 

So viel Spass, dass er neben seinem Job als Stadtpräsident und Nationalrat über 30 weitere Mandate innehat. In manchen ­– vor allem regionalen – Gremien sitzt er von Amtes wegen. In anderen aus Interesse. So ist  er etwa Vorstandsmitglied von Pro Natura Solothurn. Oder seit 2013 Präsident des Städteverbands.

Seine Mandate hat er auf seiner Homepage fein säuberlich aufgelistet. Inklusive Zeitaufwand und Entschädigungen. Denn Fluris Ämtlisammlung sorgt allenthalben für Kritik.

Etwa auch deshalb, weil er an Sitzungen auch schon mal einnickt. Doch diesen Vorhalt kontert Fluri mittlerweile gelassen: «Das ist eine Reaktion darauf, was einem geboten wird. Da ist man vielleicht mal abgelenkt», meint er lachend – und fügt wieder ernst hinzu: «Bei den Kommissionssitzungen letzte Woche war das garantiert nicht der Fall. Da war ich immer hellwach.» Das Resultat gibt ihm Recht.

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