Wer seit fünf Jahren in der Schweiz lebt, Grundkenntnisse einer Landessprache hat und keine schwerkriminelle Tat begangen hat, soll künftig den Schweizer Pass erhalten. Dies fordert eine neue Volksinitiative.
Die Bundeskanzlei hat am Dienstag die Vorprüfung der eidgenössischen Volksinitiative «Für ein modernes Bürgerrecht (Demokratie-Initiative)» im Bundesblatt publiziert. Das Initiativkomitee hat nun bis 23. November 2024 Zeit, die für das Zustandekommen notwendigen 100'000 Unterschriften zu sammeln.
Konkret fordert die Initiative, dass nach fünf Jahren rechtmässigen Aufenthalts in der Schweiz eine Einbürgerung möglich sein soll, unabhängig von der Niederlassungsbewilligung. Heute dürfen sich ausschliesslich Personen einbürgern lassen, die über eine Niederlassungsbewilligung C verfügen und mindestens seit zehn Jahren in der Schweiz wohnen.
Zweitstrengste Einbürgerungsregeln in Europa
Rund ein Viertel der Menschen in der Schweiz hat aktuell einen ausländischen Pass. Gemäss einer Untersuchung kennt die Schweiz in Europa nach Zypern die zweitstrengsten Einbürgerungsregeln.
Das heutige Bürgerrecht sei einer wahren Demokratie unwürdig, sagte Arber Bullakaj, Präsident der Aktion Vierviertel, vor den Medien in Bern. Das Problem habe sich in den vergangenen Jahrzehnten noch verschärft. Für ihn ist deshalb klar: «Es braucht einen vereinfachten und freieren Zugang zur Schweizer Staatsbürgerschaft.»
«Undemokratischen Ausschluss»
Elias Studer, der mit seiner Organisation Einbürgerungsgeschichten dokumentiert, hielt fest, dass praktisch täglich Menschen missbräuchlich die Schweizer Staatsbürgerschaft verwehrt bliebe. Er sprach von einem «undemokratischen Ausschluss» eines bedeutenden Teils der Bevölkerung.
Studer brachte Beispiele – aus seiner Sicht «absurde Geschichten» –, bei denen Menschen beispielsweise nicht eingebürgert worden seien, weil sie nicht gewusst hätten, in welchem Jahr das Kernforschungsinstitut Cern gegründet wurde, oder weil sie ihr «Töffli frisiert» hätten. Andere warteten 23 Jahre lang auf eine Einbürgerung. Es herrsche vielerorts Behördenwillkür.
Bürgerrechte erkämpfen
Das zivilgesellschaftliche Projekt der Aktion Vierviertel wird von verschiedenen bekannten Politikerinnen und Politikern unterstützt – unter anderem Ständerätin Lisa Mazzone (Grüne/GE), alt Ständerat Paul Rechsteiner (SP/SG) und dem Co-Präsidenten der politischen Bewegung Operation Libero, Stefan Manser-Egli.
Sie räumten ein, dass es die Initiative auf dem politischen Parkett schwer haben dürfte. Es brauche jedoch eine Lösung für diese «grosse demokratiepolitische Herausforderung», sagte Rechsteiner. Bürgerrechte hätten auch in der Vergangenheit erkämpft werden müssen.
Umfragen der Bevölkerung zeigten, dass die vermehrte Partizipation von Ausländerinnen und Ausländern im politischen Prozess durchaus mehrheitsfähig seien, sagte Mazzone.
Immer wieder neue Anläufe
Reformen des Bürgerrechtsgesetzes waren in den vergangenen Jahren immer wieder Thema. Im Jahr 2017 beschloss das Schweizer Volk an der Urne, dass sich gut integrierte Ausländerinnen und Ausländer der dritten Generation leichter einbürgern können sollen. 2018 traten diese Änderungen in Kraft. Danach zeigte sich aber, dass die Zahl der Einbürgerungen nicht so stark zunahm wie erwartet.
Das Parlament hat in der jüngeren Vergangenheit Lockerungen bei der Einbürgerung abgelehnt – darunter zwei parlamentarische Initiativen, die Ausländerinnen und Ausländern nach fünf Jahren in der Schweiz mehr Mitbestimmungsrechte gewährt hätten. (SDA)