Initiative für Lohngleichheit selbst unter Linken umstritten
Gewerkschaften fallen SP-Levrat in den Rücken

Die SP will den Schwung des Frauenstreiks nutzen und eine Initiative für Lohngleichheit starten. Auf Support von den Gewerkschaften kann sie dabei aber nicht zählen.
Publiziert: 08.01.2020 um 11:58 Uhr
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Aktualisiert: 08.01.2020 um 17:44 Uhr
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Hunderttausende sind im vergangenen Juni für die Gleichstellung von Mann und Frau auf die Strasse gegangen.
Foto: Keystone
Daniel Ballmer

Hunderttausende gingen am Frauenstreik vom vergangenen Juni auf die Strasse und forderten die Gleichstellung von Mann und Frau. Diese Forderung hat die SP gerne aufgenommen: Noch im Herbst kündigte sie eine Volksinitiative für Lohngleichheit an.

In der Verfassung ist diese zwar schon seit 1996 festgeschrieben. Doch auch heute noch verdienen Frauen für die gleiche Arbeit oft weniger. «Wir brauchen daher eine Durchsetzungs-Initiative », erklärte SP-Präsident Christian Levrat (49) diese Woche vor den Medien.

Unternehmen müssten gezwungen werden, die Rechtsgleichheit endlich konkret umzusetzen. Seine Partei sei im Gespräch mit den Gewerkschaften und anderen Partnern. Es brauche ein breites Bündnis, um rasch vorwärtszumachen.

Gewerkschaftsbund zweifelt an Initiative

Von den Gewerkschaften tönt es allerdings anders. Bis heute hätten zu den Initiativ-Plänen keine Gespräche stattgefunden. Und Regula Bühlmann vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) stellt klar: «Eine Initiative steht für uns nicht im Vordergrund.»

Zwar ist die Lohngleichheit auch für die SGB-Zentralsekretärin eine Herzensangelegenheit. Doch: Es habe sich gezeigt, dass eine Initiative zum jetzigen Zeitpunkt nicht das optimale Mittel sei. Einerseits ist die Lohngleichheit bereits in der Verfassung verankert. Andererseits wurde das entsprechende Gesetz erst kürzlich verschärft – «auch wenn es uns noch immer nicht weit genug geht», hält Bühlmann fest.

Hilfe für typische Frauenberufe

Statt auf eine Initiative setzt der Gewerkschaftsbund auf ein gezieltes Massnahmenpaket, das auf den Betreuungsbereich zielt – also zum Beispiel Kitas und Altersheime betrifft. Das haben die Delegierten bereits im November beschlossen. Arbeitsbedingungen und Löhne müssten dringend verbessert werden. «Es geht um typische Frauenberufe», sagt Bühlmann. Entsprechend würden konkrete Massnahmen zur Lohngleichheit beitragen. Ausserdem: «Kostengünstige Betreuungsangebote nützen allen Arbeitnehmenden.»

Offener für eine Volksinitiative zeigt sich Adrian Wüthrich, Präsident von Travailsuisse und ehemaliger SP-Nationalrat (39, BE): «Eine Pflicht zur Offenlegung der Löhne könnte dabei eine Massnahme sein.» Nötig seien zudem wirksame Kontrollen und Bussen gegen Betriebe, die Frauen systematisch schlechter bezahlen.

Frauen müssen sich gedulden

So weit ist es aber noch lange nicht. Bis eine Unterschriftensammlung überhaupt gestartet werden könnte, dürfte es ohnehin Herbst werden. «Die SP-Sektionen waren mit dem Steuerbonus-Referendum und der Prämienentlastungs-Initiative in den vergangenen Monaten stark gefordert», erklärt SP-Mitglied Wüthrich. Und: Die Initiative müsse man gut formulieren, damit sie wirklich etwas bringt.

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