Ein Zuschlag im Umfang einer 13. AHV-Rente soll im Alter ein besseres Leben ermöglichen. Mit diesem Ziel hat eine breite Allianz unter Führung der Gewerkschaften eine Volksinitiative lanciert, die am Donnerstag in Bern vorgestellt wurde.
Die AHV-Renten reichten heute nicht zum Leben und verlören stetig an Wert, hiess es an der Medienkonferenz. Gleichzeitig würden die Renten aus der Zweiten Säule immer schneller sinken – dies, obwohl die Beiträge der Berufstätigen in die Pensionskassen einen Höchststand erreicht hätten.
Zuschlag für AHV-Bezüger
Die Volksinitiative für ein besseres Leben im Alter (Volksinitiative für eine 13. AHV-Rente) verlangt eine Änderung der Bundesverfassung. Bezügerinnen und Bezüger einer Altersrente sollen künftig Anspruch erhalten auf einen Zuschlag im Umfang einer 13. Monatsrente.
Im Gesetz soll geregelt werden, dass der jährliche Zuschlag weder zu einer Reduktion der Ergänzungsleistungen noch zum Verlust des Anspruchs auf diese Leistungen führt. Der Anspruch auf den Zuschlag soll spätestens mit Beginn des zweiten Kalenderjahres nach Annahme der Initiative erfolgen.
Frauen benachteiligt
Besonders problematisch sei der Rentenrückstand der Frauen. Die AHV stärken heisse die Gleichstellung stärken, wird die grüne Nationalrätin Léonore Porchet (30, VD) in der Mitteilung zitiert. Sie fordert im Jahr nach dem Frauenstreik konkrete Verbesserungen.
Für SP-Vizepräsidentin Barbara Gysi (55, SG) ist die Solidarität in der AHV nicht nur zwischen hohen und tiefen Einkommen einzigartig, sondern auch zwischen den Geschlechtern: Denn nur in der AHV sei die unbezahlte Familien- und Pflegearbeit rentenbildend.
Es sei ein Skandal, dass Frauen im Jahr 2020 noch immer deutlich tiefere Renten hätten als Männer. Über ein Drittel aller Frauen erhalte im Alter gar keine Renten aus der Zweiten Säule. Und selbst wenn Frauen eine Pensionskasse hätten, seien ihre Pensionskassenrenten durchschnittlich nur halb so hoch wie jene der Männer, weil ihre Lebensläufe durch Erwerbsunterbrüche, Teilzeitarbeit und tiefere Löhne geprägt seien.
In der AHV hingegen seien die Männer- und Frauenrenten ähnlich hoch, weil dort auch die Betreuung von Kindern und Angehörigen als Arbeit anerkannt werde und zu höheren AHV-Renten führe. Nur die AHV schaffe diese Gleichstellung.
Altervorsorge «am Scheideweg»
Unia-Präsidentin Vania Alleva (50) fordert deshalb die 13. AHV-Rente als Schritt in Richtung mehr soziale Sicherheit und Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern. Eine 13. AHV-Rente käme besonders jenen zu Gute, die heute auch im Alter benachteiligt würden: den Arbeitnehmenden in Tieflohnbranchen und insbesondere den Frauen.
SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard (51) will mit der Initiative auch «die drohende Privatisierung der Altersvorsorge» abwehren. Die Banken und Versicherten redeten die AHV schlecht, um möglichst viele Produkte der Dritten Säule zu verkaufen.
«Die Altersvorsorge steht am Scheideweg: Setzt sich die schleichende Privatisierung durch, oder wollen wir die Solidarität stärken?», fragte Maillard. Die bürgerlichen Parteien stellten die Interessen der Vorsorge-Industrie vor die Interessen der Normalverdienenden.
In der Schweiz gebe es aber genug Geld für anständige Renten, zum Beispiel dank einer Zusatzfinanzierung aus den exorbitant hohen Nationalbank-Überschüssen. Mit der 13. AHV-Rente solle ausserdem der bereits erfolgte Zerfall der Pensionskassenrenten ausgeglichen werden, sagte der Präsident des Verkehrspersonalverbandes SEV, Giorgio Tuti (56).
Jeder fünfte Pensionär armutsbedroht
Hinter der Volksinitiative steht auch der Schweizerische Seniorenrat (SSR). Er hat an der Delegiertenversammlung vom 21. Februar die Unterstützung des Volksbegehrens beschlossen. Renten hätten den Existenzbedarf zu decken; das habe das Schweizer Volk in die Bundesverfassung geschrieben.
Die Realität sei aber eine andere. Die Hälfte aller Menschen, die 2017 in Pension gegangen seien, hätten mit einer Monatsrente aus AHV und Pensionskasse von weniger als 3600 Franken auskommen müssen. Jede fünfte Person im Pensionsalter, oder 350'000 ältere Menschen, lebten in der Schweiz in Armut oder seien von Armut bedroht. (SDA)