Mit der Steu erreform und AHV-Finanzierung ( STAF ) schafft die Schweiz umstrittene Steuerprivilegien ab – auf ausländischen Druck. Lassen uns die anderen nach einem Ja dann in Ruhe?
Ja, zumindest für ein paar Jahre. Die Instrumente, die die verpönten Steuerprivilegien ablösen, sind derzeit international noch akzeptiert. Doch die Stossrichtung ist klar: Sowohl die EU als auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wollen den Konzernen weitere Möglichkeiten zu Gewinnverschiebungen nehmen und Steuerschlupflöcher stopfen. Schon nächstes Jahr wird die OECD wohl ihre Standards überprüfen. Längerfristig stehen noch viel tiefgreifendere Reformen an. Das heisst: Die Schweiz muss wieder über die Bücher.
Und die neuen Steuerspar-Instrumente – haben die wirklich keine Hintertürchen?
Die Gegner der Steuerreform sagen: Doch, viele sogar. Ein Beispiel: Die zinsbereinigte Gewinnsteuer war einer der Gründe, warum die Linke 2017 das Referendum gegen die Unternehmenssteuerreform III ergriff. Das Konstrukt sah vor, dass Unternehmen einen fiktiven Abzug auf «überschüssigem» Eigenkapital geltend machen können. Das nutzen internationale Konzerne, indem sie in der Schweiz eine konzerninterne Bank ansiedeln, die im Ausland erwirtschafteten Gewinne dorthin verschieben und so ordentlich Steuern sparen. Wegen der massiven Kritik bei der USR III wurde das Instrument gestrichen – jedenfalls fast. Als «Lex Zürich« hat es überlebt. Kantone dürfen das Instrument einführen, wenn ihre regulären Gewinnsteuern über 18,03 Prozent liegen. Derzeit ist das nur für Zürich attraktiv. Aber Finanzminister Ueli Maurer (68) geht davon aus, dass es nach erfolgreicher Abstimmung neue Anläufe geben wird, die Hürden zu senken und die zinsbereinigte Gewinnsteuer auf andere Kantone auszuweiten.
Wandern Unternehmen wirklich ab, wenn wir Nein sagen?
Offizielle Informationen zu den Auswirkungen eines Neins auf Unternehmen gibt es nicht. Der Bund geht aber davon aus, dass Konzerne die Schweiz verlassen könnten. Vor allem, so Maurer, weil eine zweimalige Ablehnung das Vertrauen der Wirtschaft in den Standort Schweiz schwächt. Die Gegner der STAF betonen hingegen, dass die Schweiz für «wertvolle» Firmen, die nicht nur Tiefststeuern suchen, sondern auch Arbeitsplätze schaffen, genügend Trümpfe in der Hand hat: Sicherheit, Infrastruktur, das hohe Bildungsniveau zum Beispiel.
Droht ein neuer Steuerwettbewerb in den Kantonen?
Das ist zu erwarten. Kürzlich kündigte das Medizinaltechnikunternehmen Ypsomed an, 110 Stellen aus dem Kanton Bern nach Solothurn zu verlagern. Eine Rolle dabei spielten auch die Steuern: In Bern war eine Steuersenkung für Unternehmen vor dem Volk gescheitert – Solothurn hingegen schickt sich an, seine Unternehmenssteuern von 21,4 auf 13,1 Prozent zu senken. Ist das erfolgreich, könnte etwa der Nachbarkanton Aargau in Zugzwang kommen – und seine Steuern ebenfalls senken, auch wenn er das bis jetzt nicht vorhat. Allerdings: Steuersenkungen wollen gut überlegt sein. Denn sie haben Auswirkungen auf den Finanzausgleich zwischen den Kantonen. Je nach Strategie kommt eine Steuersenkung den Kanton teuer zu stehen.
Bekommen wir wirklich mehr Zeit für die AHV-Reform?
Ja, der Zwei-Milliarden-Zustupf für die AHV gibt uns rund fünf Jahre Zeit für weitere Rentenreformen. Ohne diese Summe wäre der AHV-Fonds im Jahr 2030 leer, mit dem Zustupf erst 2035. Allerdings bedeutet das nicht, dass man Reformen auf die lange Bank schieben kann. Denn schon wenn der AHV-Fonds unter 50 Prozent fällt, kann es zu Liquiditätsengpässen kommen.
Braucht es denn die Erhöhung des Rentenalters noch?
Die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre braucht es trotzdem, um die AHV zu sanieren. Bundesrat Alain Berset (46) hat die Botschaft dazu auf August angekündigt. Eine andere Frage ist, ob später noch eine generelle Rentenerhöhung auf 66 oder 67 Jahre nötig ist. Denn die AHV hat vor allem darum Geldsorgen, weil derzeit die Generation der Babyboomer pensioniert wird. Darum nimmt die Zahl der Neurentner pro Jahr noch bis 2036 zu, danach sinkt sie wieder. Dieses Argument wird die Linke bemühen, wenn es in ein paar Jahren darum geht, das Rentenalter für alle zu erhöhen. Allerdings: Babyboomer hin oder her – was nicht wieder verschwinden wird, ist die steigende Lebenserwartung. Renten müssen heute länger ausbezahlt werden, also braucht es mehr Geld.
Dieser Urnengang gilt als wichtigste Abstimmung der letzten Jahre und ist ebenso umstritten: Der AHV-Steuer-Deal – kurz STAF – verknüpft zwei bedeutende und vom Volk versenkte Reformen: die Reform der Unternehmensbesteuerung (USR III) und die Altersvorsorge 2020. Bundespräsident Ueli Maurer (68) kämpft für die Vorlage. Im BLICK-Live-Talk stellt er sich am Mittwoch, 8. Mai, den kritischen Fragen des Chefredaktors der Blick-Gruppe, Christian Dorer, und der BLICK-Politikchefin Sermîn Faki. Sie können den Talk ab 9.30 Uhr live auf Blick.ch verfolgen – und Maurer selbst löchern: Stellen Sie Ihre Fragen zur STAF in der Leserkommentarspalte oder im BLICK-Feed auf Facebook.
Dieser Urnengang gilt als wichtigste Abstimmung der letzten Jahre und ist ebenso umstritten: Der AHV-Steuer-Deal – kurz STAF – verknüpft zwei bedeutende und vom Volk versenkte Reformen: die Reform der Unternehmensbesteuerung (USR III) und die Altersvorsorge 2020. Bundespräsident Ueli Maurer (68) kämpft für die Vorlage. Im BLICK-Live-Talk stellt er sich am Mittwoch, 8. Mai, den kritischen Fragen des Chefredaktors der Blick-Gruppe, Christian Dorer, und der BLICK-Politikchefin Sermîn Faki. Sie können den Talk ab 9.30 Uhr live auf Blick.ch verfolgen – und Maurer selbst löchern: Stellen Sie Ihre Fragen zur STAF in der Leserkommentarspalte oder im BLICK-Feed auf Facebook.
Die Schweiz stimmt wieder ab: Erklärungen zu allen Initiativen, aktuelle News und prominente Stimmen zum Thema finden Sie hier.
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